von Ole Döring

Am 20. Dezember 2019 jährt sich die Rückgabe von Macao 澳门 an die Volksrepublik China zum 20. Mal. 1557 wurde die Insel im Südwesten des Perlfluß-Deltas an die Herrschaft Portugals verpachtet. 1887 musste das damalige Kaiserreich Qing die dauerhafte Besetzung Macaos durch Portugal anerkennen. Doch selbst während der langjährigen Trennung vom Festland bleiben die engen Kontakte erhalten, sodass es den Menschen Macaos nicht besonders schwer fiel, sich mit dem Leitgedanken „ein Land, zwei Systeme“一国两制 zu arrangieren.

Obwohl die internationale Berichterstattung Macao fast ausschließlich als Anhängsel Hongkongs behandelt, hat Macao kaum etwas mit der früheren britischen Kolonie gemein. Als zwei Sonder-Verwaltungszonen in China verkörpern diese Regionen je eigene Strategien, ihr jeweiliges System auszufüllen und werden mit unterschiedlichem Interesse wahrgenommen. Von außen entsteht der Eindruck, Macao sei eine nostalgische Konserve kolonialer Kulissen für Glücksspiel und Tourismus, so schildert Macao die Tageszeitung Die Welt. Hongkong dagegen wird als Metropole für Logistik, Finanz- und Handelswirtschaft wahrgenommen. Macao verdankt seiner Charme der portugiesischen Nonchalance während in Hongkong die Geschäftigkeit des British Empire nachklingt.

Hongkong ist längst über die Insel, deren „duftendem Hafen“ sie ihren Namen verdankt, hinaus gewachsen, hat sich über Kowloon hinweg weit in die „Neuen Territorien“ bis hinauf an die Grenze zu Shenzhen ausgebreitet. Macao bescheidet sich mit den drei Inseln Macao, Taipa und Coloane. Die Bedeutung der kleinen Inselgruppe mit kaum einem Zehntel der Bevölkerung und nur 30 Quadratkilometern Fläche ist mit Hongkongs Größe und Stärke nicht zu vergleichen. Beide Städte sind vor allem in Dienstleistungssektoren aktiv und auf ein hohes Niveau an Bildung und internationaler Vernetzung angewiesen, sowie auf enge Zusammenarbeit mit dem chinesischen Festland. Sie können sich durch ihre besondere kulturelle Mischung ergänzen und unterhalten einen regen kleinen Grenzverkehr. Macao ist soeben durch die weltweit längste Verbindungsbrücke über offener See mit Hongkong und der Nachbarstadt Zhuhai in der Provinz Guangdong verbunden worden: ein Symbol großer gemeinsamer Ambitionen im Großraum Guangdong-Hongkong-Macao.

Dabei verdient die eigene Geschichte Macaos Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Macao war bereits drei Jahrhunderte portugiesisch als Hongkong zur britischen Kronkolonie wurde. Spätestens mit dem Ende der portugiesischen Ära 1999 hat die Regierung erkannt, dass ein „Chinesisches Las Vegas“ keine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung ermöglicht. Noch 2014 machte der Glücksspiel-Tourismus 50 Prozent des Brutto-Inlandsprodukts von Macao aus. Mittlerweile wurde eine Wohlfahrtsregion aufgebaut, das Rechtssystem und die Verwaltung modernisiert, ins Bildungs- und Gesundheitswesen investiert, Land für Wohnungsbau und Stadtentwicklung erschlossen. Eine 15-jährige kostenlose Ausbildung wird umgesetzt; Stipendien und Zuschüsse für die Weiterbildung wurden erhöht; im öffentlichen Wohnungsbau entstanden allein 2014 19.000 Einheiten. So sind bereits Ansätze für eine leistungsfähige moderne Gesellschaft mit einer diversifizierten Wirtschaft entstanden, die sich als Teil der „Neuen Seidenstraße“ versteht. Im Jahr 2018 wurde Macao laut Internationalem Währungsfonds anhand seines Brutto-Inlandsprodukts pro Kopf weltweit an dritter Stelle eingestuft. Es gibt vier Universitäten, zahlreiche spezialisierte Hochschulen und nach dem Index für sozialen Fortschritt stieg die Zahl der Einwohner mit einem höheren Schulabschluss im Jahr 2018 um 7,78%. Zwar gibt es naturgemäß an vielen Stellen Probleme und Schwierigkeiten, insgesamt ist Macao eine Region des Friedens und der Wertschöpfung. Selbst ein chinakritischer Kommentar musste kürzlich einräumen: „Ausnahmsweise könnte das Glücksspiel-Paradies Macao auf einem nachhaltigeren Weg sein, da es die Sinisierung des Festlands verinnerlicht und wirklich Teil des mächtigen China wird.“