Internationale Zusammenarbeit

China präsentiert seinen Beitrag zur Globalen Gesundheit: das COVID-19-Weißbuch Exklusiv

12.06.2020

Von Ole Döring, Berlin

 

In dem soeben veröffentlichten Weißbuch „Kampf gegen COVID-19: China in Aktion“ stellt China seine Sicht auf die Bewältigung der Krise vor und zieht Bilanz.

 

Das Pressebüro des chinesischen Staatsrates hat am 7. Juni das Weißbuch „Kampf gegen COVID-19: China in Aktion“ veröffentlicht. 


Dieses Weißbuch ist eine Einladung zum Vertrauen und zur Kooperation. China demonstriert Transparenz, Entwicklung und fortschreitendes Lernen, sowohl gegenüber der eigenen Bevölkerung als auch für die weltweite Öffentlichkeit. Das Ergebnis ist eine gelungene Vorstellung, auch wenn Fragen offen bleiben.

 

Dieses Weißbuch des Staatsrates wurde einen Tag nach einer umfassenden Studie zur „Qualität der gesundheitlichen Grundversorgung in China“ in der international anerkannten Medizin-Zeitschrift The Lancet vorgestellt. Darin fassen Experten aus China, den USA und Großbritannien die Fortschritte aus dem letzten Jahrzehnt der Gesundheitsreformen in China zusammen und sprechen Empfehlungen aus, um die Qualität der Grundversorgung bis 2030 lückenlos sicherzustellen. In diesem Zusammenhang dokumentiert das Weißbuch die Weitsicht der Strategie für ein „Gesundes China 2030“.

 

Das Weißbuch erkennt die Unterstützung aus aller Welt an, die China zu Beginn der Krise humanitär und ideell erhalten hatte, als die Angst vor dem Unbekannten besonders stark und das Wissen um die Entstehung der Krankheit noch nicht gesichert war. Heute bestreiten nur Ideologen, dass COVID-19 eine gemeinsame Herausforderung und geteilte Verantwortung der Menschheit ist. Wie der Klimawandel erinnert diese Pandemie an die Kosten einer Lebensweise, die zu Lasten der Gesundheit des Planeten geht. Umso anständiger ist es, China als ein Land anzuerkennen, das sowohl besonders gelitten hat als auch bereit ist, besonderes zu leisten. Das Weißbuch vermittelt solchen Respekt. Betrachtet man die gegenseitige Solidarität der Weltgemeinschaft, durch die China auf allen Ebenen der technischen Zusammenarbeit gewirkt hat, dann veranschaulicht es, dass eine gesunde Welt arbeitsteilig und kooperativ erreicht werden kann.

 

Diese Perspektive einer Entwicklung für „die Sicherung der regionalen und internationalen öffentlichen Gesundheit und den Aufbau einer weltweiten Gesundheits-Gemeinschaft für alle“ macht den Tenor des vierten (und letzten) Hauptteils des Weißbuchs aus. Dieser Ausblick knüpft an den dritten Teil an, der dem Dienst an der Gemeinschaft gewidmet ist. Alle Berufs- und Gesellschaftsgruppen haben an ihrem Platz dazu beigetragen, dass Mühen und Leid gerecht verteilt und in Gemeinschaftsgeist umgemünzt werden konnten. „Belastbar und geeint, bilden sie eine gewaltige Kraft“, so lautet hier das Motto.

 

Der Schlüssel zu einem solchen allgemeinen Willen, so bereitet der zweite Teil des Weißbuchs diesen Gedanken vor, liegt in der zentralen Steuerung von Wissen und Handeln. Diese bedient sich der verfügbaren Informationen, vertraut der weltweiten Spitzenforschung und bemüht sich, gegen eine gleichzeitig sich ausbreitende „Infodemie“ aus Gerüchten und Falschinformationen vorzugehen, vor der die Weltgesundheitsorganisation frühzeitig gewarnt hatte. Dabei vertraut die Führung der auch im Lancet empfohlenen Strategie, den Umbau zu einem integrierten Gesundheitssystem mit Hilfe neuester Technologien und Datenverarbeitung zugleich als allgemeinen Modernisierungsmotor zu nutzen.

 

Den kombinierten Ansatz aus rechtlichen, wissenschaftsbasierten und medizinischen Kompetenzen, die landesweit in wirksame Sofortmaßnahmen der öffentlichen Gesundheit umgesetzt wurden, beschreibt das Weißbuch so: „Durch konsequente soziale Distanz und flexibles, auf die Menschen ausgerichtetes Sozialmanagement, hat China ein Präventions- und Kontrollsystem eingeführt, an dem Behörden auf allen Ebenen und durch die gesamte Gesellschaft beteiligt sind. So wurde ein Kampf des Volkes gegen das Virus eingeleitet, das auch nichtmedizinische Mittel einsetzte, um die Übertragungswege effektiv zu blockieren.“

 

Der erste Teil des Weißbuchs beschreibt detailliert die Chronologie der Ereignisse mit Blick auf das Krisenzentrum Wuhan, seit Dezember 2019: von der Feststellung des Notfalles über Maßnahmen zur Eindämmung und Versorgung, zur Diagnostik und Mobilisierung, bis zur umfassenden Überwachung und nachhaltigen Prävention. Der Eintrag zum 2. Februar 2020 lautet: „Die Maßnahmen stellten sicher, dass alle nach Bedarf getestet, isoliert, ins Krankenhaus eingeliefert oder behandelt wurden. Es wurden Massen-Screenings durchgeführt, um Infizierte zu identifizieren, sie in medizinische Einrichtungen zu bringen und genaue Daten über Fallzahlen zu sammeln.“ Am 17. Februar installierte der Staatsrat einen „Präventions- und Kontrollmechanismus für die Ergreifung wissenschaftsbasierter, zielgerichteter, regional-spezifischer und gestaffelter Maßnahmen gegen COVID-19.“ Die lokalen Behörden und Regierungsstellen wurden verpflichtet, angemessene Notfallmaßnahmen zu ergreifen und anzupassen, um eine geordnete Rückkehr an den Arbeitsplatz und in ein normales Leben zu ermöglichen. So hat China die Krise konstruktiv genutzt und Impulse gesetzt, die den Schaden für Gesellschaft und Wirtschaft kanalisieren.

 

Was können andere entwickelte Länder von Chinas COVID-19-Erfahrungen lernen? Zunächst einmal ist klar zu sehen, dass Deutschland sich in wichtigen Fragen an der chinesischen Erfahrung orientiert hat. Von der Einschätzung der historischen Dimension der Krise, über die Betonung internationaler Zusammenarbeit, bis hin zur Symbolpolitik mit Kriegsrhetorik einerseits und Geldgeschenken andererseits. Die Bereitschaft der Einzelnen, für das Große und Ganze Verzicht zu üben, Erziehungs-Kampagnen für Hygiene und Disziplin, Masken, Apps und Sozialhelfer: auch dies gehört zu den gemeinsamen Phänomenen in China und Deutschland. Nicht zuletzt das Bedürfnis nach einem solidarischen Gesundheitswesen mit leistungsfähigen Gesundheitssystemen bringt beide Kulturen in Bewegung: China geht seinen Weg planvoll lernend weiter, während Deutschland die Chance hat, die Fehler seiner neoliberalen Experimente zu korrigieren.

 

Das Weißbuch ist eine wertvolle Quelle für Fragen der kulturellen Zusammenarbeit. Nicht alle Vorgehensweisen Chinas sind für Deutschland geeignet und kulturell verträglich. So ist die Sprache des Krieges, wie sie führende Politiker in Deutschland eine Zeitlang benutzt haben, weder der hiesigen Bedrohungslage angemessen noch kulturell akzeptiert. Sie wird vielmehr als Ausdruck von Unsicherheit empfunden. In der öffentlichen Wahrnehmung entsteht der Verdacht, dass von eigenen Fehlern abgelenkt werden soll: vor allem vom Mangel an Gesundheits-Fachkräften und Verbrauchsgütern. Während die chinesische Führung weiterhin auf das Vertrauen einer großen Mehrheit der Bevölkerung baut, steht ganz Europa vor einer politischen Krise, die Hetzern und Spalten weiteren Auftrieb geben kann. China und Europa können einander und der Welt durch einen beharrlichen Kurs des gemeinsamen Lernens Orientierung und Kraft geben, um durch diese auch kommenden Pandemien nachhaltig den Boden zu entziehen. 


Mit Blick nach vorn gibt es für Deutschland in den Bereichen Logistik und Mobilisierung von Gesundheitsressourcen vieles aus dem Weißbuch zu lernen. Vor allem aber dies: Nach überaus hektischen Monaten rafft sich Deutschland jetzt auf, Massentests einzuführen und eine Strategie der gestaffelten Kombination aus gezielter Prävention und Intervention umzusetzen. Überraschend daran ist, dass dies bewährte Standardverfahren der klassischen Seuchenpolitik nun, durch den Umweg über China, wiederentdeckt wird. Auf dem Weg des gemeinsamen Lernens sind vermutlich noch manche gemeinsame Werte zu bergen.


Der Autor ist habilitierter Philosoph und Sinologe.  Er lebt und arbeitet zwischen Berlin und China an der Verständigung der Kulturen. Zuletzt hat er die Bildungseinrichtung „Europäisches Zentrum für chinesisches Denken“ mitbegründet. Die Meinung des Autors spiegelt die Position unserer Webseite nicht notwendigerweise wider.

Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Weißbuch,COVID-19,Erfahrung,Zusammenarbeit,Mobilisierung