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12. 12. 2011 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Nach 30 Jahren marktorientierter Reformen und zehn Jahren WTO-Mitgliedschaft kann China beachtliche Erfolge bei der Öffnung seiner Märkte vorweisen. Trotzdem sprechen Chinas wichtigste Handelspartner – darunter die EU, die USA, Japan und Indien – dem Land noch immer den Status einer freien Marktwirtschaft ab. Die Folge: China wird vermehrt Ziel von Dumping- und Subventionsvorwürfen. Vor allem Chinas Exportunternehmen leiden unter der Situation.
30 Jahre nach der Einführung marktorientierter Reformen und zehn Jahre nach seinem WTO-Beitritt kämpft China international noch immer um die Anerkennung seines Status als Marktwirtschaft. Dabei hat China die Weltgemeinschaft in den vergangenen drei Jahrzehnten mit beachtlichen Fortschritten bei seinen marktwirtschaftlichen Reformen verblüfft. Bis heute haben bereits 97 der insgesamt 153 Mitglieder der Welthandelsorganisation Chinas Status als Marktwirtschaft anerkannt. Die wichtigsten Handelspartner des Landes aber – darunter die EU, die USA, Japan und Indien – zögern noch immer nachzuziehen.
Ausländische Investitionen heiß begehrt: Chinesische Kunden bevölkern einen Supermarkt der französischen Kette Carrefour in Beijing. Der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen nach China nimmt kontinuierlich zu, nicht zuletzt, weil die chinesische Regierung zunehmend ein faires Marktumfeld etabliert.
Und das, obwohl die Anerkennung des Status letztlich nur eine Frage der Zeit ist: Spätestens 2016 wird China international automatisch als Marktwirtschaft eingestuft werden, so sehen es die Regelung der WTO vor. Eine frühere Anerkennung allerdings würde vor allem Chinas Exporteuren viele der derzeitigen Sorgen ersparen. Sie kämpfen mit einer steigenden Zahl von Handelsstreitigkeiten.
"Der Westen hat die Frage von Chinas Status als Marktökonomie bisher genutzt, Handelsprotektionismus zu betreiben", sagt Song Hong, Forscher am Institut für globale Ökonomie und Politik der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften.
Und offizielle Zahlen scheinen den Vorwurf zu untermauern: Bereits 16 Jahre in Folge ist China Ziel der meisten Anti-Dumping-Maßnahmen weltweit, wie Zahlen des chinesischen Handelsministeriums belegen. Allein 2010 wurde dem Land in 23 Fällen Dumping vorgeworfen und wurden entsprechende Untersuchungen eingeleitet. China ist damit Ziel von rund 33 Prozent aller Anti-Dumping-Investigationen weltweit.
Von Dumping wird in der Regel dann gesprochen, wenn ein Produkt im Ausland entweder zu einem niedrigeren Preis als im Ursprungsland angeboten oder unter seinem eigentlichen Produktionspreis gehandelt wird.
Das Problem: Gerade weil viele westliche Länder China den Status einer Marktwirtschaft absprechen, betrachten sie die Preise auf dem chinesischen Markt als unzuverlässige Größen und ziehen sie nicht zur Berechnung von Dumpingspannen heran. Stattdessen dienen Preise anderer Länder, so genannter "Ersatzstaaten", in denen die Produktionskosten oft wesentlich höher liegen als in China, als Berechnungsgrundlage. Auf diese Weise wird China leicht zum Ziel von Dumping- und Subventionsvorwürfe.
"Die niedrigen Preise, die von chinesischen Exporteuren veranschlagt werden, spiegeln tatsächlich die realen Marktbedingungen im Billig-Land China wider. Sie sind kein Resultat von Subventionen oder anderen Verzerrungsmechanismen, wie man sie üblicherweise in planwirtschaftlichen Systemen findet", erklärt Song.
Vize-Außenministerin Fu Ying bemängelt, dass die von der EU, den USA und anderen westlichen Ländern angelegten Kriterien mittlerweile zu einem großen Hemmnis für die chinesische Wirtschaft geworden seien. Streng genommen erfüllten auch zahlreiche andere Länder, die von der EU aber im Gegensatz zu China als Marktwirtschaften anerkennt würden, die von den westlichen Staaten angelegten Kriterien nicht, so Fu. Die EU solle China in Sachen Anerkennung des marktwirtschaftlichen Status fair behandeln, fordert die Ministerin.
"Die USA nutzen den Marktwirtschaftstatus derzeit als Feilschinstrument, um China zu Zugeständnissen etwa bei der Frage der Wechselkursrate des Yuan gegenüber dem Dollar oder US-Schatzbriefen zu zwingen", sagt He Weiwen, Leiter der Chinesischen Gesellschaft für WTO-Studien.
Russland sei bereits 2002 von den Vereinigten Staaten als Marktwirtschaft anerkannt worden, obwohl das Land noch immer kein WTO-Mitglied sei, so He. Auf dem vom Washingtoner Forschungsinstitut Heritage Foundation erstellten Index für Wirtschaftsfreiheit rangierte China 2011 aber klar vor Russland.
"Die undurchsichtigen Standards westlicher Nationen in dieser Frage behindern unseren Außenhandel massiv", sagt Mei Xinyu, Außerordentlicher Forschungsrat der Akademie für Internationalen Handel und Wirtschaftskooperation. "Ob die EU China den Status einer freien Marktwirtschaft zuspricht, ist meiner Meinung nach eher eine politische und keine substantielle Frage", fügt Mei hinzu.
Zhang Yansheng, Leiter des Instituts zur Erforschung ausländischer Wirtschaftssysteme, das der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform untergeordnet ist, erklärt, dass bis heute kein Land der Welt als reine Marktwirtschaft definiert werden könne. "Wenn die EU und die Vereinigten Staaten China allerdings schon vor Ablauf der offiziellen Frist 2016 als Marktwirtschaft anerkennen würden, könnte das unsere Zusammenarbeit im Bereich Handel und Investitionen entscheidend vertiefen", so Zhang.
Quelle: Beijing Rundschau
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