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12. 12. 2011 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

China kämpft weiter um Anerkennung als freie Marktwirtschaft

Schlagwörter: Anerkennung Marktwirtschaft China

Chinas Reformen tragen Früchte

Eine Marktwirtschaft zeichnet sich dadurch aus, dass Angebot und Nachfrage über die Verteilung von Ressourcen sowie die Preise von Waren und Dienstleistungen bestimmen. In nicht-marktwirtschaftlichen Systemen hingegen entscheidet die Regierung über Produktionsgüter und Produktionsmengen sowie die Preisgestaltung für Waren und Dienstleistungen.

Sowohl die USA als auch die EU verweisen im Falle Chinas auf Überbleibsel vermeintlicher planwirtschaftlicher Strukturen, die es nicht zuließen, China als Marktwirtschaft anzuerkennen. Das US-Handelsministerium erklärte beispielsweise, die chinesische Regierung übe noch immer auf allen Ebenen starken Einfluss auf die Ressourcenverteilung aus. Vor allem bei der Verteilung finanzieller Ressourcen spiele die Regierung noch immer eine zentrale Rolle. Dies zeige, dass der Staat auch gesamtökonomisch betrachtet noch immer signifikanten Einfluss auf die Ressourcenverteilung nehme, so die Argumentation.

2008 erklärte auch die Europäische Kommission in einem Bericht, dass vor allem die Fortschritte bei der Reduzierung des staatlichen Einflusses auf die Preissetzung, besonders im Energiesektor, in China noch hinter den Erwartungen zurückblieben.

China und der Westen hätten unterschiedliche Ansichten, was die makroökonomische Kontrolle betreffe, erklärt hingegen Handelsminister Chen Deming. "Das ist vor allem damit zu begründen, dass sich China und die westlichen Staaten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden. Wir verfügen über ganz unterschiedliche Ausgangsbedingungen", so Chen.

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass der staatliche Einfluss sowie planwirtschaftliche Mechanismen in China in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sind. 2008 machten die Einnahmen der chinesischen Regierung nur noch rund 21,8 Prozent des BIP des Landes aus. Das geht aus dem "Bericht über die Entwicklung der chinesischen Marktwirtschaft 2010" hervor, der vom Institut für Ökonomie und Ressourcenmanagement der Beijing Normal University veröffentlicht wurde. Der Anteil lag damit unter dem weltweiten Durchschnitt von 26,9 Prozent.

Der einst dominante, staatliche Sektor schrumpft verhältnismäßig, wohingegen der private Sektor zunehmend wächst und immer produktiver und profitabler wird. Unter anderem in den Bereichen Telekommunikationsausrüstung, Haushaltsgeräte und Bergbau dominieren mittlerweile private Unternehmen den Markt. "Der private Sektor macht heute mehr als die Hälfte der chinesischen Wirtschaft aus und stellt mindestens 70 Prozent aller Arbeitsplätze", erklärt Huang Mengfu, Vorsitzender des Gesamtchinesischen Dachverbandes für Industrie und Handel.

Durch die Umwandlung von uneffizienten Staatsbetrieben in Aktiengesellschaften stimuliert die chinesische Regierung die Wirtschaftsdynamik zusätzlich. Daten des Berichtes der Beijing Normal University belegen, dass bis 2008 bereits 988 der insgesamt 1293 staatlichen Betriebe, d.h. rund 77 Prozent, in Kapitalgesellschaften mit mehreren Aktionären umgewandelt wurden.

Auch der Bereich Unternehmensführung wurde reformiert und durch die Etablierung von Verwaltungsräten, einem System der Vorstandvergütung, Anteilseignerstrukturen und finanzieller Transparenz deutlich effektiver gemacht. 2008 hielten bereits rund 92 Prozent der umgewandelten 988 ehemaligen Staatsbetriebe Aktionärsversammlungen ab, 95 Prozent verfügten über einen Verwaltungsrat, rund 81 Prozent über einen Aufsichtsrat.

Begleitet wurden die Reformen von einer bis dahin nie da gewesenen Öffnung nach außen mit dem Ziel, neue Exportmärkte zu erschließen und ausländische Investitionen, Technologien und Management-Know-how ins Land zu holen. China gewährte ausländischen Investoren Eintritt in eine Reihe staatlich kontrollierter Sektoren, etwa die Bereiche Finanzen, Bankwesen, Versicherungen, Wertpapiere und Gesundheitswesen. Damit erfüllte das Land eine seiner zentralen Zusagen gegenüber der WTO.

Auch die chinesische Gesellschaft ist flexibler und dynamischer geworden, einschließlich größerer sozialer und geographischer Mobilität sowie horizontaler Integration. Arbeitnehmer genießen immer mehr Rechte, etwa bei der Vergütung und der freien Wahl des Arbeitsplatzes. Immer öfter thematisieren Chinas Medien Fälle, in denen Produktionsbetriebe, vor allem an der chinesischen Ostküste, Probleme haben, ausreichend Arbeitskräfte zu finden, da die Arbeiter zunehmend höhere Löhne fordern.

Zhuang Jian, Chefökonom für den Bereich China bei der Asiatischen Entwicklungsbank, sagt, China sei mittlerweile im Großen und Ganzen zu einer freien Marktwirtschaft geworden, in der die Preise der meisten Produkte durch die Bedürfnisse des Marktes bestimmt würden."Seit dem Eintritt in die WTO hat das Land seine Einfuhrzölle drastisch gesenkt und den Außenhandel liberalisiert. Gleichzeitig wird alles unternommen, um die Gesetzgebung für Unternehmen zu verschärfen, das Investitionsumfeld zu verbessern und die geistigen Eigentumsrechte schützen", so Zhuang.

"Es ist an der Zeit, dass der Westen Chinas Leistungen der letzten Jahre bei der Öffnung seiner Märkte anerkennt", fordert Xu Hongcai, Wirtschaftsexperte des Zentrums für Internationalen Wirtschaftsaustausch. Unbegründete Kritik sei fehl am Platz und eine weitere Diskriminierung des Landes bedeute einen harten Schlag für Handelskooperationen und Geschäftsfusionen zwischen China und dem Westen.

Marschroute für die Zukunft

Trotz der Forschritte, die China bereits bei seinen marktorientierten Reformen erzielen konnte, gibt es noch viel zu tun. "China ist mit seinen Marktreformen noch lange nicht am Ende", prophezeit Fan Gang, Leiter des Nationalen Instituts für Wirtschaftsforschung. "Um eine moderne Marktwirtschaft aufzubauen, muss China seine Finanzindustrie noch weiter öffnen, Lücken bei der sozialen Absicherung schließen und das Rechtsstaatsprinzip etablieren."

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Quelle: Beijing Rundschau

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