"Im Jahr 1997, dem 60. Jahrestag des Nanjing Massakers, sah ich auf einem Seminar in Japan einen japanischen Dokumentarfilm über das Massaker. Bei der Szene, in der Soldaten die japanische Flagge über der Stadt hissen, war ich sehr schockiert sie (das japanische Publikum) applaudieren zu hören", erinnert sich Li.
Der Vorfall veranlasste Li, einen Dokumentarfilm über den Yasukuni-Schrein zu produzieren. Der Schrein sei eine "Art Altlast des Krieges", sagt Li.
"Unterschiedliche Nationen haben unterschiedliche Erinnerungen. Ich wollte mich auf die Erinnerungen der Menschen an dieses große historische Ereignis konzentrieren und die Gründe für die gewaltigen Unterschiede dabei untersuchen", erklärt Li.
Man kann sich die Schwierigkeiten kaum vorstellen, auf die Li und sein Team, darunter zwei Japaner, bei den Dreharbeiten stießen, da er als Erster versuchte dieses kontroverse Thema darzustellen.
"Wir wurden während der Dreharbeiten für unseren Film attackiert. Rechtsradikale haben uns misshandelt. Manchmal haben sie sich unsere Kamera gegriffen und die Aufnahmen gelöscht", erzählt Li. "Selbst einige Angehörige der Linken waren aus unerklärlichen Gründen nicht bereit, uns Interviews zu geben."
Zu einem der schlimmeren Zwischenfälle kam es, als Li am 15. August 2005, dem 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, aufnahm, wie japanische Verehrer des Schreins zwei Demonstranten im Studentenalter, die sie für Chinesen hielten, schlugen.
Eine Szene aus Yasukuni (Foto: sina.com)
"Ich hätte nie gedacht, in dem Schrein eine physische Auseinandersetzung zu sehen", sagt Li. "Ich versteckte mich hinter der Kamera und war zu nervös, die Linse richtig einzustellen. Ich hoffte sie würden nicht wahrnehmen, dass ich dort der einzige Chinese war. Die Gesichter der Demonstranten bluteten und dabei waren es Japaner."
Jenseits seiner Erwartungen war auch die Zeit, die die Produktion in Anspruch nahm – 10 Jahre! Ganz am Anfang arbeitete Li aufgrund des kontroversen Themas alleine. In seiner finanziell schwierigsten Phase konnte Li noch nicht einmal seine Miete bezahlen.
Aber vor zwei Jahren entschied sich die Beijing Zhongkun-Gruppe drei Millionen Yuan in den Film zu investieren und Li und seinem Team zu helfen. Kurz vor der Fertigstellung des Films gelang es Li, einen japanischen Kulturfonds als Sponsor zu gewinnen. Li war bewegt, als der Fonds ihm versicherte, auch bei Kontroversen seine Unterstützung nicht zurückzuziehen.
Schließlich hat sich Lis harte Arbeit ausgezahlt. Yasukuni feierte im vergangenen Jahr auf dem Filmfest in Pusan ein großartiges Debüt. Im The Hollywood Reporter hieß es, der Film sei ein "durchdringender Dokumentarfilm, der die Komplexität der japanischen Altlasten aus dem Krieg illustriere", der Film habe "bei seinem Publikum leidenschaftliche Reaktionen ausgelöst". Außerdem wurden Li und sein Werk von den Präsidenten des Sundance Filmfest 2008 und der 58. Berliner Filmfestspiele zur Teilnahme eingeladen.
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