Missverständnis 8: "Der chinesische Traum ist ein Traum des Wiederaufstiegs." Einige Länder befürchten, China strebe eine Wiederherstellung einer Hochblüte wie zu Zeiten der Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) oder Tang-Dynastie (618 – 907 n. Chr.) an und wolle gar das Tributsystem wieder einführen. Kritiker, die diesen Standpunkt verbreiten, füttern letztlich nur die abwegige Theorie einer chinesischen Bedrohung. In Wirklichkeit ist China ein Land mit einer langen kulturellen Tradition und Zivilisation. Die weit reichende Bedeutung des chinesischen Traums besteht gerade darin, diese alte chinesische Zivilisation mit ihren Tugenden wieder zu beleben und zu transformieren. Ein Vorgang, der letztlich auch den Wandel der gesamten menschlichen Zivilisation vorantreiben wird, womit eine nachhaltige Entwicklung verwirklicht werden kann. Es handelt sich hier also keineswegs um eine Bedrohung, sondern vielmehr um das Wahrnehmen einer Verantwortung gegenüber unserer gesamten Zivilisation.

Missverständnis 9: "Der chinesische Traum ist ein Traum des chinesischen Aufstiegs." Manche meinen, der chinesische Traum sei mit dem Aufstieg Chinas gleichzusetzen. In Wirklichkeit aber geht der chinesische Traum über diesen Gedanken weit hinaus und richtet sein Augenmerk vor allem auf Chinas Anliegen, seine Positionierung und seine Aufgeschlossenheit gegenüber anderen Nationen. Aus der Formulierung des chinesischen Traums ist abzulesen, dass China in Zukunft nicht mehr den reinen wirtschaftlichen Aufbau des Landes ins Zentrum der Entwicklung stellen will, sondern darauf setzt, festen Willens mit pragmatischem Idealismus, Zuversicht und Entschlossenheit den Weg des Sozialismus chinesischer Prägung zu beschreiten. Global will China eine Demokratisierung der internationalen Beziehungen anstoßen, und dabei Toleranz von Ost und West erreichen, sowie ein Gleichgewicht zwischen Nord und Süd herstellen, damit der Traum der globalen Harmonie langfristig in Erfüllung geht.

Missverständnis 10: "Der chinesische Traum bedeutet einen liberalen Nationalismus Chinas." Einige Medien interpretieren den chinesischen Traum als eng gefassten nationalen Traum. Er sei demnach eine Ausdrucksweise von Nationalismus, so der Vorwurf. In Wirklichkeit schließt der chinesische Traum die Träume anderer Länder nicht aus, sondern fördert deren Erfüllung, das gilt insbesondere für die Entwicklungsländer.

Abschließend lässt sich also festhalten: Der chinesische Traum ist zunächst einmal ein Traum der Chinesen, ein Traum der Verwirklichung nationalen Friedens und Wohlergehens in der chinesischen Bevölkerung. Aber der chinesische Traum ist auch ein Traum, der eine Erstarkung und mehr Demokratie für das Land beinhaltet. Darüber hinaus ist der chinesische Traum der Traum der chinesischen Zivilisation, einer Nation, die im Zuge ihres wirtschaftlichen Aufstiegs auch ihrer Verantwortung gegenüber Welt gerecht wird. Ziel ist es letztlich, die gesamte menschliche Zivilisation durch hohes geistiges Gut zu bereichern.

* Wang Yiwei ist Gastprofessor an der Chinesischen Renmin-Universität und ranghoher Forscher des Chahar Instituts.