In den Wochen nach dem schweren Erdbeben in Sichuan beispielsweise gab es in vielen Medien eine ausgesprochen positive Berichterstattung. Nicht nur, was die Reaktionen der Menschen in China und ihre spontane Hilfsbereitschaft betrifft, sondern auch die Aktivitäten der Regierung. Es ist in aller Bandbreite darüber berichtet worden, wie sich einzelne Mitglieder Ihrer Regierung persönlich für die Bedürfnisse der Opfer eingesetzt und sich geöffnet haben. Auch darüber, wie die Medien auf einmal Zugang erhalten haben. In Gebieten, in denen zuvor keine Berichterstattung möglich gewesen wäre.

Viele haben ja geglaubt, dass die Berichterstattung für ausländische Medien nach den Olympischen Spielen wieder eingeschränkt werden würde. Aber gerade Anfang dieser Woche habe ich mit großer Freude und Erleichterung gesehen, dass die chinesische Regierung sich dazu entschlossen hat, den Kurs der Öffnung und Erleichterung der Arbeit für ausländische Medien fortzusetzen. Das wird natürlich dazu führen, dass auch kritisch über China berichtet werden wird. Genauso wird auch in Deutschland und anderen Ländern über jeden kritischen Aspekt in Politik und Gesellschaft berichtet. Nehmen Sie nur die Berichterstattung über die USA. Die ist in den letzten Monaten und Jahren sehr viel heftiger geworden und fällt sehr viel negativer aus als das, was Sie in letzten Wochen und Monaten in China erlebt haben. Das ist eben so in Ländern, in den die freie Meinungsäußerung und die freie Presse einen Wert an sich darstellen. Da muss man hinnehmen, dass manchmal auch unfair berichtet wird. Ich habe mich offen in China als auch in Deutschland bei Vortragsveranstaltungen gegen eine tendenziöse, mit den Fakten nicht in Einklang zu bringende Berichterstattung ausgesprochen. Auf der anderen Seite muss es auch möglich sein, Licht und Schatten, positive und negative Aspekte der Entwicklung eines Landes anzusprechen. Das ist ein Prozess. China wird sich mit zunehmender Verantwortung auf der Weltbühne daran gewöhnen. Durch die Finanzkrise ist China gerade schlagartig in die neue Situation des "globalen Spielers" gekommen. Und als solcher wird China nicht anders behandelt als andere Nationen, die eine ähnliche Rolle spielen. Das heißt, Sie werden ernst genommen, aber man fordert von Ihnen auch Verantwortung ein. Und genau das spiegelt sich heute in der Medienlandschaft wieder.

Ich glaube, bei aller berechtigten Sorge, dass manchmal ausländische Medien ein falsches Bild zeichnen, was ich auch kritisiere, muss man lernen, gelassener mit Kritik umzugehen. Das ist ein Gewöhnungsprozess, in dem sich momentan nicht nur China befindet.