Filmfest

Florian Gallenberger: Als Regisseur fährt man immer in unterschiedliche Fernen Exklusiv

15.11.2016

Von Tian Siyue, Beijing

Gerade hat das vom Goethe-Institut China und German Films veranstaltete 4. Festival des deutschen Films in China begonnen. Eröffnet wurde das Festival mit Florian Gallenbergers Film Colonia Dignidad. Über das Filmfest, seinen Film und auch über Kulturaustausch sprach Gallenberger in einem Exklusivinterview mit China.org.cn.

Florian Gallenberger bei der Pressekonferenz

China.org.cn: Die deutsche Version von Colonia trägt den Untertitel „Es gibt kein Zurück“, sowohl die englische wie die chinesische Version haben dies nicht. Wie ist dieser Untertitel zu verstehen?

Gallenberger: Ich glaube, ich wollte mit dem Untertitel in Deutschland zeigen, dass es ein Thriller, also ein spannender Film ist. Das Thema Colonia Dignidad ist der älteren Generation in Deutschland bekannt, es ist ein sehr schweres und politisches Thema. Wir wollen signalisieren, dass wir keinen schweren und politischen Film gemacht haben, sondern einen Film, der ein breites Publikum erreichen kann, ein Thriller, ein Unterhaltungsfilm. Deswegen kam der Untertitel dazu, um zu verhindern, dass die Leute denken: „Oh, das ist bestimmt ein sehr anstrengender Film“.

China.org.cn: Im Film kooperiert die deutsche Botschaft in Chile mit der Sekte. Zeigt sich da vielleicht eine Art Heimatlosigkeit?

Gallenberger: Das war so, das war leider so. Also die Colonia gab es 25 Jahre lang. Sehr viele Leute haben versucht aus der Anlage zu fliehen, aus der Colonia zu entkommen. Es sind Leute dabei ums Leben gekommen. Der Versuch allein war lebensgefährlich. Und die Leute, die es geschafft haben, rauszukommen, die hatten keinen Pass. Ohne Pass kann man das Land nicht verlassen und daher mussten sie in die Botschaft, um einen neuen Pass zu beantragen. 25 Jahre lang hat die Botschaft all diejenigen, die dort ankamen, wieder zurückgeschickt in die Colonia. Das war eine Sache, die mich wahrsinnig geärgert hat, denn wenn ich mich im Ausland in Gefahr befinde, erwarte ich, dass meine Botschaft ein Ort ist, der mir Sicherheit bietet. Und das war nicht der Fall. Es ist nie aufgearbeitet worden. Es ist nie behandelt worden. Ich wollte, dass der Film eine sehr klare Stellung bezieht und sehr klar macht, dass die Botschaft sich falsch verhalten hat. Deswegen haben wir es so umgesetzt.

China.org.cn: Kann man sagen, dass es auch eine Kritik am Überleben der Nazis ist?

Gallenberger: Naja. Das ist interessant, denn es wird immer gesagt, dass es Nazis waren. Aber das stimmt nicht. Also Paul Schäfer, der Anführer, war keine sehr politische Person. Politik war ihm nicht sehr wichtig. Das heißt, er war selber kein Nazi und hatte auch kein Problem mit Nazis. Es gab Nazis, die sich in der Colonia versteckt hatten, aber Paul Schäfer selbst war aus Überzeugung kein Nazi. Es gab einen Mann, der hieß Walter Rauf. Er war im dritten Reich in Deutschland bei den Nazis für die Tötungsanlagen verantwortlich und hielt sich einige Zeit in der Colonia versteckt. Dieser Mensch hat es geschafft, nach dem Krieg nach Amerika zu fliehen, sich dann in der Colonia zu verstecken und hat dann für Pinochet ein Konzentrationslager in Chile gebaut. Ein schrecklicher Mensch. Der hat sich in der Colonia versteckt. Man kann sagen, Paul Schäfer hatte Kontakt mit Nazis, aber selbst war er kein Nazi.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Filmfest,Colonia Dignidad,Florian Gallenberger ,German Films ,Goethe-Institut