Iran-Sanktionen: Alles zurück auf 2015? Exklusiv

07.08.2018

Für Unternehmen, die kein oder nur sehr geringes Amerika-Geschäft haben und auch sonst in keinen wirtschaftlichen oder rechtlichen Beziehungen zu den USA stehen, besteht zunächst auch kein Anlass, diesen Aufschwung nicht weiter voranzutreiben. Da die USA jedoch immer noch der Global Player sind, ist die Zahl solcher Unternehmen überschaubar. In irgendeiner Art und Weise besteht für den Großteil deutscher und europäischer Firmen eine Beziehung zum transatlantischen Partner. Warum sollten sich diese dann an die US-Sanktionen halten?

In der Theorie steht es nämlich auch diesen erst einmal frei, zu agieren, wie sie es für wirtschaftlich vernünftig halten. Allerdings - und dies ist eine große Einschränkung- würden die USA sie bei Verstößen gegen die Sanktionen wohl  von Geschäften in den USA ausschließen. „Viele Unternehmen sind angesichts der US-Sanktionen gegen den Iran auf dem Rückzug”, stellte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Martin Wansleben deshalb bereits am Montag fest. In den ersten fünf Monaten 2018 seien die deutschen Ausfuhren in das Land um vier Prozent gesunken. Die deutsche Industrie werde den Iran „links liegen lassen“, da die  Firmen „das 100-fache an Geschäft mit den USA“ machen würden, sagte Wansleben. Der Iran werde „sehr stark bluten“. Siemens ist einer der Konzerne, der zu dieser Blutung bereits beiträgt, indem er angekündigt hat, sich nach 150 Jahren aus dem Geschäft zurückzuziehen. Andere europäische Großkonzerne wie Total, Peugeot oder Renault, die nach dem Abkommen 2015 gerade erst nach Iran zurückgekehrt waren, haben nun ebenfalls ihren Rückzug verkündet. Ein wichtiger Grund für diesen Rückzug mögen neben den Sanktionen selbst auch die dadurch ausgelösten Unsicherheiten sein. Die iranische Wirtschaft ist seit Monaten auf dem Absturz. Die Währung hat seit Jahresbeginn zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt. Weitere Sanktionen, vor allem im Energiebereich, werden der Wirtschaft weiter stark zusetzen. Der geplante vollständige Ausschluss vom internationalen Zahlungsverkehr wird Geschäfte noch einmal komplizierter machen, wenn nicht sogar unmöglich. Auf Basis dieser Aussichten müssen sich deutsche Unternehmen natürlich die Frage stellen, ob ein Fortbestand ihres Iran-Geschäfts wirtschaftlich noch vernünftig ist. Dies gilt vor allem für börsennotierte Unternehmen, die ihren Aktionären gegenüber verantwortlich sind.

 

Klein aber fein


Auch wenn Iran für Deutschland relativ gesehen ein unbedeutender Handelspartner ist, -  laut dem Statistischen Bundesamt erreichte der deutsche Export zwischen Januar und Mai nur eine Milliarde Euro im Vergleich zu den 46 Milliarden Euro in die USA – ist ein potentielles plötzliches Wegfallen eines Handelspartners natürlich keine frohe Kunde. Mehr oder weniger alle großen deutschen Konzerne aus den wichtigen Automobil-, Luftfahrt- oder Logistikbranchen sind betroffen.


Volkswagen zum Beispiel hatte erst im vergangenen Jahr angekündigt, nach 17 Jahren Abwesenheit auf den iranischen Markt zurückzukehren. Jetzt stehen diese Pläne eventuell schon wieder vor dem Aus. Für Luftfahrtgesellschaften wie Lufthansa werden eventuell die Transatlantik-Verbindungen nicht mehr möglich sein, sollten sie ihre Flüge nach Teheran weiter aufrechterhalten. Airbus hat gerade erst ein Riesengeschäft mit Iran Air über 100 Flugzeuge vereinbart, von denen bisher erst drei ausgeliefert wurden. Auch hier ist die vollständige Durchführung des Vertrags fraglich.


Banken wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank haben ihr Geschäft bereits eingestellt.

„Jede Bank hat auch US-Geschäft und würde sich deshalb strafbar machen, wenn sie Irangeschäfte finanzieren würden“, erklärt hierzu Philipp Andree, Nahost-Experte vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. So klar wie in diesem Beispiel sei es laut Harald Homann, einem auf amerikanisches Exportrecht spezialisierten Anwalt, aber längst nicht für alle Bereiche.


„In diesen [betroffenen] Bereichen müssen die Unternehmen sehr vorsichtig sein, aber da gibt es zahlreiche Ausnahmen [...]Es gibt sehr viel Unsicherheit und Beratungsbedarf bei den Unternehmen.“ Das hätte bereits zu einer großen Verunsicherung und unterschiedlichen Reaktionen beigetragen. Während einige Unternehmen ihr Geschäft sofort herunterfahren, wollen andere zumindest eine Minimalpräsenz aufrechterhalten, um nicht von Null anfangen zu müssen, sollten sich die politischen Vorzeichen wieder ändern.


Hohmann rät den deutschen Unternehmen aktuell, in Ruhe zu prüfen, ob ihre Aktivitäten in Iran wirklich von den USA verboten sind. „In Graubereichen sollten die Firmen zunächst beim amerikanischen Handelsministerium nachfragen wegen einer verbindlichen Auslegung.“ Sollte das Geschäft tatsächlich verboten sein, könne immer noch bei der EU-Kommission um weitere Unterstützung gebeten werden. Vor einer allzu vorschnellen Aufeislegung des Irangeschäfts rät Shaghayegh Smousavi, Leiterin des Iran-Büros der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS, ab. Denn Irans Unternehmer würden viel Wert auf stabile Geschäftsbeziehungen legen. „Wer sich da ohne gewichtigen Grund zurückzieht, könnte bei zukünftigen Geschäften Probleme bekommen.“

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: USA,Iran,Deutschland,Export,Sanktionen