Interview mit BMW-Brilliance-Chef
15-jähriges Jubiläum: „Wir wollen in China weiter wachsen“ Exklusiv
von Ren Bin und Felix Lehmann, Beijing
Seit 15 Jahren kooperiert der deutsche Autobauer BMW mit seinem Partner Brilliance in Shenyang. Für dessen CEO Johann Wieland eine Erfolgsgeschichte. Mit China.org.cn sprach er über den Standort in Shenyang, die Zukunft des Elektroautos und Corporate Social Responsibility (CSR).
Johann Wieland, Präsident und CEO von BMW Brilliance Automobile, in Beijing (Foto von BMW)
Das Joint Venture BMW Brilliance ist bereits 15 Jahre alt. Warum hat BMW im Jahr 2003 Shenyang als Standort gewählt und zu einem Produktions- und Forschungszentrum weiterentwickelt?
Johann Wieland: Die letzten 15 Jahre waren ein großer Erfolg, weil wir den richtigen Partner haben. Das ist entscheidend für unseren Erfolg. Es hat sich herausgestellt, dass Brilliance in der Stadt Shenyang die beste Alternative war. Man sollte nicht unterschätzen, dass in der Autobranche viel talentiertes und qualifiziertes Personal benötigt wird. In Shenyang gab es dieses Angebot an Arbeitskräften. Brilliance bot uns die Einrichtung und auch von der Stadt Shenyang haben wir viel Unterstützung erfahren.
BMW Brilliance hat viele Lieferanten großgezogen, vor allem in Shenyang. Welche Rolle spielt das bei der Entwicklung der Industriekette? Arbeiten diese Lieferanten auch für Ihre Wettbewerber?
Der Geist von BMW ist, dass wir den Wettbewerb begrüßen. Und es ist der falsche Ansatz zu glauben, wir sollten Lieferanten haben, die nur für uns arbeiten.
Man muss sich bewusst sein, dass der meiste Added Value von den Lieferanten kommt. Der Wettbewerb macht das Unternehmen stärker und besser. So kann dem Kunden das beste Preis-Leistungs-Verhältnis geboten werden. Bei den Lieferanten ist es genauso. Wir müssen den Wettbewerb nutzen, um der Beste zu sein und die Innovationen der Lieferanten als erste zu bekommen.
Wir sehen das als eine Partnerschaft, als eine Win-win-Situation. Wir arbeiten eng zusammen, um diese Kooperation noch besser zu machen. Es gibt immer etwas, das wir verbessern können, und das passt natürlich perfekt zu den Zielen in diesem Land, denn die Regierung will, dass Unternehmen und Zulieferer einen Weltklassestandard entwickeln.
Können Sie Lieferanten nennen, die Sie am meisten beeindrucken?
Wir haben ein paar tolle Geschichten, aber die beste ist die Geschichte über CATL, eine chinesische Firma. Sie produzierten die Batterien für Apple, also dachten wir, sie können auch Batterien für unsere elektrischen Autos und Hybridfahrzeuge liefern. Daraufhin haben wir CATL dabei geholfen, die Anforderungen des Autogeschäfts zu erfüllen. In diesem Jahr wurde das Unternehmen die Nummer Eins der Welt, im April ist es an die Börse gegangen. Diese Geschichte ist ein hervorragendes Beispiel für Win-win-Situationen und unseren Versuch, an der Spitze zu bleiben. Wenn wir zusammenarbeiten, können wir weiter wachsen.
Was halten Sie von der Optimierung des chinesischen Marktes und des Geschäftsumfeldes in Shenyang? Gibt es konkrete Beispiele dafür, dass BMW Brillance Automobile (BBA) auch von diesen Maßnahmen profitiert? Und wo besteht noch weiterer Optimierungsbedarf?
Da möchte ich insbesondere die Regierung von Shenyang erwähnen. Wir haben die volle Unterstützung von Bürgermeister Jiang Youwei, zum Beispiel, wenn es darum geht, Infrastruktur zu schaffen, uns dabei zu helfen, Dinge voranzutreiben. Die Kooperation ist hervorragend und das ist auf jeden Fall ein Erfolgsfaktor.
Es gibt jedoch auch einige Probleme, mit denen wir in Nordostchina konfrontiert sind. Die jungen Leute gehen lieber in den Süden, nach Shanghai, Hangzhou und Guangzhou. Für den Nordosten ist das eine große Herausforderung. Die Automobilindustrie wird immer digitaler und auch die Entwicklung eines Autos erfordert immer mehr Fähigkeiten in der Digitalisierung, Programmierkenntnisse und Verständnis für die Chancen und Anforderungen an den technischen Wandel. Der Nordosten muss daran arbeiten, die jungen Talente zu halten. In diesem Punkt arbeiten wir mit den Universitäten zusammen und bieten zum Beispiel Stipendien, gemeinsame Projekte und PhD-Programme an. Wir müssen die Absolventen begeistern und in unser Unternehmen ziehen.
Wir arbeiten also schon mit Berufsbildungsprogrammen. Im Hinblick auf die Vermittlung von Fachkenntnissen ist dieser Ansatz, den wir in Deutschland haben, wirklich herausragend. Berufsausbildung hilft, die Qualifikation im Unternehmen zu verwirklichen. Wir setzen das zusammen mit der Stadt Shenyang um. Das ist notwendig, um die jungen Talente im Nordosten zu halten.
Deswegen bin ich froh, dass Staatspräsident Xi Jinping Ende September Shenyang besucht und deutlich gemacht hat, dass die Stadt, die Provinz und die Unternehmen alles daran setzen müssen, die jungen Fachkräfte im Nordosten zu halten.
Vor Kurzem wurde im neuen Werk von BBA der Spatenstich vollzogen. Welche Highlights oder Vorteile bietet das neue Werk in Sachen High-End-Fertigung?
Der wichtigste Aspekt für unsere Produktion ist, dass sie vollständig flexibel ist. Wir haben eine Produktionslinie, auf der Autos mit Verbrennungsmotor, Hybrid- und Elektrofahrzeuge hergestellt werden können. Wenn nötig, könnten wir 100 Prozent batteriebetriebene Fahrzeuge herstellen.
Industrie 4.0 ist ein weiterer Aspekt. Die Strategie von BMW ist, führend in der Produktionstechnologie zu sein. Wir nutzen die Digitalisierung, um höchste Produktivität in höchster Qualität zu erreichen. Den gesamten physikalischen Prozess gibt es auch digital, er heißt digitaler Zwilling. So können wir den physischen Produktionsprozess vollständig digitalisiert simulieren und verbessern.
Wir sind auch der Nachhaltigkeit verpflichtet. Wir verwenden Technologien, die die Umwelt möglichst wenig belasten. Wir versuchen also, den Wasserverbrauch, die Emissionen und den Energieverbrauch zu minimieren. Wir wollen Vorbild sein, wenn es um intelligente, grüne Fertigung geht, und damit erfüllen wir auch die Erwartungen des Staatsrates.