Xi Jinping zu Besuch bei Nachbar Wladimir Putin: China setzt seinen Weg der Stabilisierung Asiens fort
von Ole Döring
Mit dem Vertrag von Nerchinsk im Jahre 1689 begann die Weltherrschaft der westlichen Diplomatie. Dieses Regelwerk des internationalen Anstands prägte die moderne Weltordnung und unterstützte als „Soft-Power“-Instrumentarium maßgeblich den weltweiten Erfolg der Kolonialmächte. Die Erfindung von Verträgen zwischen souveränen Staaten verdrängte das vorher in der Region bestimmende „Tributsystem“. Die Sprache des Dokuments war Lateinisch.
Seitdem sind 330 Jahre vergangen. Beinahe alles hat sich gewandelt. Latein wurde kurz durch Französisch und Deutsch, dann durch Englisch und Chinesisch abgelöst. Das Erbe römischen Rechtsdenkens ist nunmehr nahezu aufgebraucht. Russland pokert nicht mehr mit Westeuropa gegen China, wie noch im „Großen Spiel“ vor 150 Jahren, sondern findet in China einen starken Alliierten. Die koloniale Welt europäischer Machart liegt in den letzten Zügen. Davon könnten alle profitieren, wenn sie ihren Teil der Arbeit leisten würden.
China und Russland haben die Wirren der Jahrhunderte 19 und 20 auf ihren eigenen Wegen als große Mächte überstanden. Ihre Beziehungen und Grenzen werden heute von der Suche nach Orientierung und Mitverantwortung in der globalisierten Welt bestimmt, seit 2014 im Bewusstsein weit reichender gemeinsamer Interessen. Russland sieht sich getrieben, zwischen inneren europäisch-asiatischen Widersprüchen, während China Asien mit wachsendem Selbstbewusstsein im Zuge seiner „Seidenstraßen“-Initiative in Richtung Europa erschließt.
Die gemeinsamen Grenzen zwischen China und Russland durchmessen heute einen Großteil Eurasiens -- hinzu kommen die gewaltigen Flächenländer Kasachstan und Mongolei, die beide Mächte sowohl auf Abstand halten als auch miteinander verbinden. Besonders Kasachstan kann dabei zu einem wichtigen Relais der Entwicklung Eurasiens werden.