Hongkongs Zukunft

Welchen Weg weist die Vernunft? Exklusiv

14.08.2019

Ein Kommentar von Ole Döring

Zwei Monate nach Beginn der aktuellen Unruhen in Hongkong ist es Zeit für eine vorläufige Bestandsaufnahme. Weiterhin überschlagen sich Nachrichten und Kommentare, der Kampf um die Deutungshoheit ist in vollem Gange.



Was war geschehen? Ein normaler legislativer Akt wurde schlecht kommuniziert. Dabei griff der Eindruck um sich, vermeintliche Interessen Beijings seien wichtiger als die Anliegen der Hongkonger Bürger. So konnte eine Gesetzesinitiative, die im Grunde die Eigenständigkeit Hongkongs gegenüber der Volksrepublik China formalisieren und nach internationalen Standards weiter normalisieren sollte, in eine genau gegenteilige Botschaft umgedeutet werden. Ein Singapurer Hongkong-Experte bemerkt dazu: „Die Demonstranten sollten sich daran erinnern, dass die Auslieferungsgesetzgebung formal zwei Systeme voraussetzt. Wenn es nur ein Land gibt, warum besteht dann ein Bedarf an solchen Gesetzen?“

Das diffuse Misstrauen gegen die eigene Verwaltung mischte sich mit Ängsten aus der Kolonialzeit, die Kontrolle über wichtige Bereiche des eigenen Lebens und Wirtschaftens zu verlieren. Von Anfang an versuchten manche Medien, den Wunsch von friedlich demonstrierenden Hongkongern nach einer vertrauenswürdigen und kompetenten Administration, die den Balanceakt „Ein Land - zwei Systeme" lebendig weiterentwickelt, in eine Kampagne „für mehr Demokratie“ umzumünzen. Sie verfuhren nach der Devise: je weiter entfernt und weniger informiert, desto meinungsstärker! Gerade der friedliche, konstruktive und solidarische Charakter der ersten Großdemonstrationen aber widerspricht dieser Darstellung schon im Ansatz: Hongkong ist eine starke, reife und sensible Demokratie. Die besonnene Haltung Beijings unterstreicht das Vertrauen in die politische Vernunft der Gesellschaft. Zwar besteht ohne Zweifel eine enge Verbindung der Angelegenheiten Hongkongs mit der chinesischen Zentralregierung. Anstatt aber alle Beteiligten im gegebenen Rahmen bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen zu unterstützen, versuchen Unberufene den Zusammenhalt zu zerstören und einen Konflikt mit Beijing herbeizureden. Dabei ist jedem Betroffenen klar, dass es vor allem um eine gute Regierung in Hongkong geht. 

Zu den Webfehlern des britischen Erbes gehört, dass Hongkong 1997 unvorbereitet aus einer autoritären Herrschaft in ein ganz neuartiges politisches Experiment entlassen wurde. Die eigene wirtschaftliche und strategische Kraft erlaubte es Hongkong über 20 Jahre seine neue Rolle zu finden und in der Gesellschaft zu verankern. Da es hierzu keine Vorbilder und auch keine Anleitungen gab, ist Hongkongs prosperierende Demokratie in China aller Ehren wert. Die chinesische Zentralregierung trug das ihre dazu bei, indem sie sich an die Vereinbarungen des Übergabevertrages hielt: „ein Land, zwei Systeme“. 

Jetzt äußert die erste Generation junger Hongkonger, die im Geist dieses Versprechens aufgewachsen sind, ihre Enttäuschung gegenüber der Verwaltungsspitze und verlangt Garantien für die eigene Zukunft. Dies hat weder mit dem Wunsch nach einer anderen Demokratie noch mit Abneigung gegenüber Beijing zu tun. Ein Großteil der Hongkonger empfindet sich kulturell als chinesisch. Die aktuell eskalierenden Ereignisse verzerren die Motive und Ziele des Protestes, die von vielen Hongkonger Bürgern unterstützt wurden. 

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Hongkong,Demokratie,Zentralregierung,Konflikt,Beijing