Von Dr. Michael Borchmann, Wiesbaden

„Das sozialistische China steht heute stolz im Osten der Welt: Keine Macht kann den Status der großen Nation erschüttern und keine Macht kann den Fortschritt des chinesischen Volkes und der chinesischen Nation aufhalten.“Es tut gut, diese Worte des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping zu hören, die er anlässlich der Feierlichkeiten zum 70. Gründungsjubiläum der VR China aussprach.

 

Es tut gut natürlich für chinesische Ohren. Aber es ist zugleich gut für die Ohren der Welt. Denn diese Welt ist leider etwas aus den Fugen geraten. Das globale Klima ist durch manche Unruhen unsicher und fragil geworden. Da denken wir sofort an die Erschütterungen der Weltwirtschaft durch das unselige Wiederaufleben von Protektionismus und Anti-Globalisierung. Aber auch an die Missachtung internationaler Regeln und das Schüren politischer Konflikte zwischen Staaten oder auch innerhalb von anderen Staaten. All diese negativen Dinge wollen wir heute allerdings in den Hintergrund stellen. Mit Blick auf das genannte Jubiläum, mit Blick auf eine Geschichte, auf die die VR China mit Fug und Recht stolz sein kann. Und: Mit Blick auf eine Zukunft, die zuversichtliche Erwartungen weckt. Zuversichtliche Erwartungen nicht nur für die Menschen in China, sondern zugleich weltweit: Dass nämlich in diesem Weltmeer der Unruhen China weiterschreitet auf dem Weg der Stabilität, seine Rolle als herausragender Stabilitätsfaktor weiterpflegt.

Aber der Reihe nach:

Was die Geschichte der Volksrepublik betrifft, kommt mir sogleich ein weiteres Jubiläum in den Sinn, das China im vergangenen Jahr feiern durfte, nämlich 40 Jahre Reform- und Öffnungspolitik. Und diese Politik ist es auch in unserem so schnelllebigen Zeitwert, nochmals in Erinnerung gerufen zu werden. Zumal es eine beispiellose Erfolgsgeschichte war.

Ihr Startschuss erfolgte Im Jahre 1978. Auf dem Land wurde das vertragsgebundene Verantwortlichkeitssystem für Bodenbewirtschaftung auf Basis der Haushalte eingeführt und in der Stadt haben die staatlichen Unternehmen mehr Autonomie bei der Bewirtschaftung. Und: Vier Sonderwirtschaftszonen wurden eingerichtet: in Shenzhen, Zhuhai und Shantou in der Provinz Guangdong sowie in Xiamen in der Provinz Fujian. Lokalverwaltungen wurden Freiräume zum Anwerben ausländischer Investitionen eingeräumt. In den Sonderwirtschaftszonen angesiedelte Unternehmen durften autonom entscheiden, wie sie Investitionen tätigen oder ihre Produktion organisieren. Nicht zu vergessen: Das erste Gesetz für Joint Ventures zwischen ausländischen und chinesischen Unternehmen wurde verabschiedet.

In der Folgezeit gab es zahlreiche Etappen, die das unaufhaltsame Voranschreiten Chinas innerhalb der Staatengemeinschaft markierten. So wurde 1992 die „sozialistische Marktwirtschaft chinesischer Prägung“geformt, jeweils 1997 und 1999 wurden die postkolonialen Verstrickungen Hongkongs und Macaos abgestreift und 2001 erfolgte der Beitritt zur WTO. Erinnern wir uns auch daran, dass Ausdruck des dynamisch gewachsenen technischen Potenzials China 2003 die Entsendung eines Menschen in das All oder auch die Verwirklichung sehr anspruchsvoller Großprojekte wie der Drei-Schluchten-Damm und der Eisenbahnlinie nach Lhasa waren. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass man die Gelegenheit bekam durch die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2008 in Beijing das „neue China“ gewissermaßen auf der Weltbühne zu zeigen. Und spätestens seit Mitte der neunziger Jahre begann auch in nüchternen Zahlen zu messender unaufhaltsamer wirtschaftlicher Aufstieg Chinas, China befuhr gewissermaßen die „Überholspur“ gegenüber den herkömmlichen Wirtschaftsmächten der Welt. Im Jahre 2006 etwa überstieg das Bruttosozialprodukt diejenigen von Großbritannien, Frankreich und Italien. China wurde zur viertgrößten Wirtschaft der Welt. Und 2010 schließlich stieg man durch das Überholen Japans weltweit zur Nr. 2 auf.