Jetzt ist klar geworden, was nicht mehr zu leugnen ist: Hätte China die Ausbreitung des Virus nicht effektiv eingedämmt und wäre China mit COVID-19 so umgegangen, wie andere Länder, hätte es 200 Millionen Fälle gegeben.

In China hat sich das Blatt gewendet, das den Kampf zunächst alleine führen musste. Wir sollten für jede humanitäre Hilfe dankbar sein. In Italien herrscht ein offensichtlicher Mangel an Material und Arbeitskräften. Stattdessen ist Europa gerade dabei, seinen eigenen Zustand der Verleugnung hinter sich zu lassen.

Es fühlt sich so an, als hätten unsere Politiker erst gestern noch davon gesprochen, dass unser Gesundheitssystem gut vorbereitet ist. Die ersten Fälle schienen dieses Vertrauen zu unterstreichen. Sie konnten zum Patienten Null zurückverfolgt werden und alle erholten sich. Wir fühlten uns sicher. Wir haben den Ausbruch als ein weiteres dieser Probleme in fernen Ländern mit dicht gedrängten Bevölkerungsgruppen, exotischen Essgewohnheiten und weniger effektiven Gesundheitssystemen angesehen.
Aber dann wurde es zunehmend unmöglich, neue Fälle zurückzuverfolgen und die Bevölkerung wurde vorgewarnt, dass sich letzten Endes zwei Drittel der Deutschen infizieren würden. Bei allen Bemühungen ging es darum, die Kurve zu glätten, damit Krankenhäuser mit der Belastung umgehen können und ein zu steiler Anstieg der Patientenzahlen vermieden wird. Das war eine dramatische Veränderung der Erwartungen. Im Verhältnis zu seiner Bevölkerung hat Deutschland heute eineinhalb mal mehr Fälle als China.

Die Regierungen der Welt ergreifen nicht die Maßnahmen zur Eindämmung, die China getroffen hat, das Provinzen, Städte und Gemeinden abgeschottet und unter Quarantäne gestellt hat.

Bis vor kurzem betonten Medien in Deutschland die „drakonischen Maßnahmen“ in China, und nahmen damit Bezug auf die Sperrung von Wuhan und Hubei und die Quarantäne von Millionen Menschen. Nur eine autoritäre Regierung könne solche Maßnahmen umsetzen und hierzulande sei dies unmöglich. Jetzt sehen wir, dass Italien ähnliche Schritte ergreift, während in Deutschland verschiedene Bundesländer unterschiedlich handeln, von Schulschließungen bis zur Absage von Massenversammlungen. Während in Italien das Virus wütete, gab es bei uns immer noch Fußballspiele mit Zuschauern, die Bars blieben geöffnet.