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15. 01. 2010 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Googles Rückzugsdrohung ist strategischer Feldzug

Die Drohung des Suchmaschinenanbieters Google, sich wegen angeblicher Hackerangriffe aus dem chinesischen Markt zurückzuziehen, hat bei Millionen von chinesischen Internetnutzern zu Unsicherheiten geführt. Experten zufolge sei der Schritt ein strategischer Feldzug, um Druck auf die chinesische Regierung auszuüben.

Google, der weltweit größte Suchmaschinenanbieter, teilte vorgestern in einer Erklärung mit, dass das Unternehmen einen Rückzug aus dem chinesischen Markt in Betracht ziehe, nachdem es im Dezember Opfer von schwerwiegenden Hackerangriffen geworden war.

Es ist unklar, ob Chinas Internetnutzer, inklusive der in China lebenden Ausländer, weiterhin Dienste wie Gmail und Google Map nutzen können, wenn Google sein Angebot auf dem chinesischen Markt schließt.

David Drummond, Googles Chefjurist sagte in einer ungewöhnlichen Online-Erklärung, dass das Unternehmen einen ausgeklügelten und gezielten Angriff aus China und den Diebstahl von geistigem Eigentum erfahren habe.

"Diese Angriffe […] verdeutlichen uns, dass wir die Machbarkeit unseres China-Geschäfts überprüfen müssen."

Google wolle nicht länger zensierte Suchergebnisse auf Google.cn, eine im Jahr 2006 eingeführte chinesischsprachige Webseite anbieten und diskutiere derzeit mit der chinesischen Regierung über die Möglichkeit, innerhalb des chinesischen Gesetzes eine Suchmaschine ohne gefilterte Inhalte zu führen.

"Wir wissen, dass wir mit dieser Forderung möglicherweise Google.cn und unsere Büros in China schließen müssen", sagte er.

Diese Aussage kennzeichnet einen Wechsel in Googles China Strategie der vergangenen fünf Jahre, in denen Google zensierte Inhalte unter chinesischem Recht im Austausch für eine Präsenz im weltgrößten Internetmarkt angeboten hatte.

Google besetzte im vierten Quartal letzten Jahres 35 Prozent des chinesischen Suchmaschinenmarktes, teilte das chinesische Marktforschungsunternehmen Analysys International mit.

Jiao Jian, ein Büroangestellter, der täglich Baidu und Google nutzt, sagte, die drohende Schließung von Googles Diensten beeinflusse sein Leben nur wenig, da andere Firmen ähnliche Dienste anböten. "Doch es ist schwierig, Alternativen zu Diensten von Google wie Google Map, Google Earth und Gmail zu finden", sagte er.

Er äußerte sich auch besorgt darüber, inwiefern sein Gmail Account noch zuverlässig und sicher ist, wenn Google das Land verlässt.

Bereits im Jahr 2000 startete Google eine chinesischsprachige Suchmaschine, doch erreichte erst eine bedeutende Präsenz im Markt, als es im Jahr 2005 ein chinesisches Team aufbaute und im darauffolgenden Jahr Google.cn einführte.

Googles möglicher Rückzug aus China lässt 700 Mitarbeiter um ihren Arbeitsplatz bangen.

"Auf einer Generalversammlung am Mittwoch wurde uns gesagt, dass Google den chinesischen Markt möglicherweise verlassen werde. Wir waren alle sehr traurig darüber", sagte eine Mitarbeiter aus Googles Niederlassung in Beijing unter der Bedingung der Anonymität.

In der Erklärung des Chefjuristen hieß es weiterhin, dass Google mit der chinesischen Regierung um günstigere Bedingungen für Suchmaschinenbetreiber verhandeln werde.

Ein Mitarbeiter teilte der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua jedoch mit, dass die meisten Mitarbeiter von Google im Hinblick auf das Ergebnis der Verhandlungen pessimistisch seien. "Wenn keiner der beiden Seiten nachgeben will, wird es zu keiner Einigung kommen", sagte er.

Doch Guo Ke, Professor für Massenkommunikation an der Shanghai International Studies University, sagte, es sei "fast unmöglich" für Google, China zu verlassen. Die chinesische Regierung werde jedoch nicht von der Zensur ablassen.

"Der Regierung ist es egal, wenn Google China verlässt. Google wird jedoch mit dem Rückzug aus China einen großen wirtschaftlichen Schaden davontragen. Wenn Google China verlässt, sind die chinesischen Internetnutzer die eigentlichen Leidtragenden. Ich glaube, Google spielt nur ein Katz und Maus Spiel und versucht, den Ärger oder die Enttäuschung der Internetnutzer für seine Ziele zu nutzen", sagte Guo.

Ein Beamter des Presseamtes des Staatsrates sagte vorgestern, dass die Regierung derzeit weitere Informationen zu Googles Erklärung einhole. Es sei schwer zu sagen, ob Google China verlassen werde, zitierte ihn Xinhua.

Seitdem Lee Kaifu, Chef von Google China das Unternehmen vor sechs Monaten verließ, gab es Gerüchte, dass das Unternehmen seine China Strategie überdenke und sogar seine Server aus dem Land nehme, nachdem es im Vorjahr Opfer einer Reihe von regierungsgeführten Razzien war.

Berichten zufolge verließen zahlreiche Mitarbeiter nach Lees Kündigung im September das Unternehmen. Seit Oktober habe Google keine neuen Mitarbeiter mehr eingestellt, sagte ein Mitarbeiter, der nicht genannt werden wollte.

Dutzende von Google Nutzern versammelten sich vorgestern Nachmittag am Unternehmenssitz in Beijing und brachten Blumen zum Abschied mit.

Google ist einer von wenigen Internetgiganten mit einer signifikanten Präsenz im chinesischen Markt. Andere Firmen wie Yahoo! und ebay haben sich nach Jahren schleppender Erfolge aus China zurückgezogen.

Millionen Chinesen sind Fans und treue Nutzer von Google und seinen Diensten wie Gmail, Gtalk und Picasa.

Wenn Google China verlässt, werden alle seine Nutzer ihre E-Mails, Bilder und andere Dokumente vorher an einen sicheren Ort verschieben müssen.

Nach den jüngsten offiziellen Zahlen gab es in China Ende Juni 2009 insgesamt 338 Millionen Internetnutzer.

Googles größter Konkurrent in Baidu belegte, laut Angaben von Analysys International, im vergangenen Quartal in China einen Marktanteil von 58 Prozent.

China: Handelsministerium erhielt keinen Bericht über Googles Rückzug

Quelle: China Daily

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