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18. 06. 2015 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
China.org.cn: Welche Interessen verfolgt Beijing aus Ihrer Sicht mit der AIIB?
Glatz: Einen Vorwurf müssen sich bestimme Länder wohl gefallen lassen: China ist in den bereits etablierten Institutionen ein wenig an den Rand gedrängt worden. Also hat sich Peking entschlossen, selbst an der Spitze einer neuen Bank stehen zu wollen. Das Land will eine aktivere Außenwirtschaftspolitik betreiben, wofür die Seidenstraßen-Initiative ein Beispiel ist. Bei dieser Positionierung im Ausland bilden staatsnahe Unternehmen im Infrastrukturbereich eine Speerspitze. Geographisch gesehen hat die Initiative auch den zentral- und osteuropäischen Raum im Auge, eine Region, in der die österreichische Wirtschaft sehr stark positioniert ist, das berührt uns also direkt. Die Präsenz chinesischer Unternehmen mag von manchen als Konkurrenz empfunden werden, dennoch ergeben sich Möglichkeiten zur Kooperation. Aufgrund der starken Position, welche die österreichische Wirtschaft im zentral- und osteuropäischen Raum hat, besteht jedenfalls Potenzial.
China.org.cn: Gibt es denn überhaupt noch Platz für eine neue Entwicklungsbank?
Glatz: Der Bedarf an Infrastruktur in Asien ist riesengroß und kann selbst durch die zusätzlichen Mittel der AIIB nicht zur Gänze abgedeckt werden. So gesehen ist mehr als genug Platz da. Es gibt kein Überangebot an Finanzierungsmöglichkeiten, ganz im Gegenteil. Die AIIB ist von ihrer Intention her eher eine Ergänzung denn Konkurrenz zu den bisher etablierten Institutionen. Ich denke nicht, dass das in einen Wettbewerb um Projekte ausarten wird, von denen gibt es genug.
China.org.cn: Mit der AIIB möchte China ein zusätzliches Instrument zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten schaffen. Das betrifft vor allem die sogenannte Seidenstraße als Wirtschaftsgürtel. Österreich liegt bekanntermaßen nicht direkt an dieser Seidenstraße. Dennoch: Gibt es für das Land Chancen, von dieser Entwicklung zu profitieren?
Glatz: Natürlich. Die Seidenstraße ist ja keine physische Straße, sondern steht symbolisch für eine Reihe an Initiativen. So führt beispielsweise die maritime Variante dieser Seidenstraße über Australien und Kenia nach Europa. Sie steht für eine Going-out Strategie der chinesischen Wirtschaft. Dafür werden auch innerhalb Chinas viele Ressourcen mobilisiert. Jede Provinz ist aufgerufen, sich etwas einfallen zu lassen; ich selbst habe in den letzten Wochen an einigen Veranstaltungen unter dem Motto "One Belt One Road" teilgenommen. So ist beispielsweise in Xi’an, dem Ausgangspunkt der alten Seidenstraße, der Grundstein für eine Plattform für Unternehmensverbände gelegt worden. Mit der Seidenstraßen-Initiative sollen China und Europa zusammen geführt und möglichst viele Länder eingebunden werden, die dazwischen liegen. Wirtschaftlich will man offensichtlich zunächst vor allem Branchen wie der Bauwirtschaft, bei denen es in China Überkapazitäten gibt, neue Märkte in Zentralasien öffnen. Eine bessere Infrastruktur macht es auch leichter für österreichische Unternehmen, in jenen Ländern Geschäfte zu machen, in die investiert wird. Unabhängig davon gibt es auch direkte Chancen, sich an diesen Infrastrukturprojekten zu beteiligen. Wir verfügen gerade in Zentral- und Osteuropa über sehr viel Know-how.
In einem ersten Schritt müssen österreichische Unternehmer für diese Chancen sensibilisiert werden. Daher werden wir im Herbst zu diesem Thema ein Forum in Wien ausrichten und die Wirtschaftsdelegierten aus den Ländern entlang der Seidenstraße einladen, das Potenzial aus ihrer Sicht einzuschätzen und zu erklären. In China gibt es zwar einen gewissen Hype um die Seidenstraßen, während in den Zielländern selbst noch Informationsbedarf besteht. China ist ja in Afrika und Lateinamerika aufgrund der Rohstoffsituation bereits länger aktiv, will nun aber auch in entwickelteren Märkten verstärkt Fuß fassen. Diese können dann Sprungbrett sein, um sich im hochindustrialisierten Bereich Europas zu positionieren. Österreichische Unternehmer in China bestätigen uns bei Umfragen, die wir regelmäßig durchführen, einen neuen Trend: Man engagiert sich nicht mehr nur für den heimischen Binnenmarkt in China, sondern für ein Drittland, in dem man gemeinsam mit chinesischen Unternehmen aktiv wird. Das erfordert eine andere Ausrichtung, man muss sich in China anders aufstellen. Drittlandkooperationen werden wichtiger, und Unternehmen, die schon hier sind, haben Startvoreile. Ich erwarte mir, dass unter diesen Voraussetzungen die Präsenz österreichischer Unternehmer in China an Bedeutung gewinnen wird.
Quelle: german.china.org.cn
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