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10. 11. 2009 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Weltklimapolitik

"Wir dürfen keine Geisterdebatten führen!" Exklusiv

Wie kann man Verteilungsgerechtigkeit beim Emissionshandel erreichen, so dass alle Länder sich angemessen repräsentiert sehen?

Eine Möglichkeit wäre eine reine Pro Kopf-Verteilung für jedes Land, eine andere würde zusätzlich auch noch eine historische Verantwortung bis zu einem gewissen Grad miteinbeziehen. Es gibt soviele Vorschläge für einen Verteilungsschlüssel. Wir als Wissenschaftler sehen aber schon eine Konsequenz: Wenn wir am Ende nicht genügend Technologien im Bereich der Erneuerbaren und CCS zur Verfügung haben, werden die Emissionsverhandlungen am Ende so konfliktreich werden, dass das Klimaproblem sich nicht lösen lässt. Wir müssen die Erforschung neuer Technologien vorantreiben, die zur Vermeidung von Emissionen am besten geeignet sind. Sonst werden die Preise beim Emissionshandel so stark in die Höhe gehen, sodass es am Ende nur noch darum gehen wird, wer die großen Gewinner und wer die großen Verlierer sind. Und solche Situationen sind der Erfahrung nach international kaum handhabbar. Emissionshandel plus Technologiepolitik sind die zwei wichtigsten Bausteine, und dann noch die Politik zur Verhinderung der Abholzung. Einen Anpassungsfonds halte ich für weit weniger wichtig.

Spielt es nicht auch eine Rolle, dass viele Industrieländer ihre Versprechen der Millenniumsentwicklungsziele (MDG) nicht einhalten?

Natürlich sind die MDG ein guter und vernünftiger Baustein für nachhaltige Entwicklung. Und, ja, sie sind nicht genügend umgesetzt worden. Die Klimaproblematik bietet aber gewissermaßen eine Chance, das zu korrigieren. Denn wir haben dort rudimentär internationale Institutionen. Wir haben die Klimarahmenkonferenz, den UN-Klimarat (IPCC), es gibt internationale Organisationen und Institutionen, die dieses Thema bearbeiten.

In China gibt es sogar schon den Versuch, einen chinesischen Klimarat gemäß der Struktur des IPCC aufzubauen, um gangbare Wege für China zu finden. Das ist einzigartig. China versucht, als ganzes Land, eine kohärente nationale Klimapolitik zu erarbeiten.

Wie sieht es damit in Europa aus?

In Europa, selbst in Deutschland, haben wir so etwas nicht. Da wird immer behauptet, es gebe kohärente Konzepte. Davon ist Deutschland weit entfernt. Es gibt Ankündigungen und politische Beschlüsse, aber keine Konzepte, um es umzusetzen und hinterher zu schauen, was es gebracht hat.

Sie meinen, China könnte in Sachen nationaler Klimapolitik ein Vorbild werden?

Europa und die USA können diesbezüglich eine Menge von China lernen. Die Europäer sollten sich nicht nur an ihrer eigenen grünen Rhetorik berauschen, sondern nüchterner werden und schauen, was andere auf die Beine stellen. China hat sicher noch einen weiten Weg vor sich, aber es ist beeindruckend, dass die Führer des Landes klar sagen, im zwölften Fünfjahresplan wollen wir das Thema ernsthaft angehen. Das ist schon ein gewaltiger Schritt.

Muss nicht auch der Technologietransfer aus dem Westen intensiviert werden, damit es gelingt? Und zwar mit den neuesten Technologien?

Ja, die Bedeutung dessen kann man nicht hoch genug einschätzen. Wie Sie wissen, ist dabei das Thema Intellectual Property Rights das größte Problem. Das ist keine einfache Debatte. Es geht darum, wie man CDM reformiert, wie man den Technologietransfer viel eleganter gestaltet und wie man das finanziert. Das muss man in bilateralen Verhandlungen klären.

Aber lassen Sie mich das noch mal betonen. Es ist großartig, dass ein so großes Land wie China hergeht und überlegt, was man noch nicht so genau weiß, wo man noch forschen muss, und daraus einen konkreten Plan für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre erarbeitet, wie man mit dem Thema Klimaschutz als Nation umgeht. Es ist beeindruckend, dass sie fähig sind, die Fakten auf den Tisch zu legen und daraus eine kohärente Klimapolitik abzuleiten. Meine Anerkennung.

Herr Edenhofer, vielen Dank für das Gespräch.

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Quelle: german.china.org.cn

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