Ein paar Bemerkungen zum neunten China-Besuch von Merkel

13.06.2016

Eines der Probleme in jüngster Zeit liegt darin, dass die deutsche Eisen- und Stahlbranche China Preisdumping vorwarf und die Regierung Merkel aufforderte, Doppeluntersuchungen durchzuführen und Sanktionen gegen China zu verhängen, was Ausdruck eines erneut aufkeimenden Handelsprotektionismus ist. In der Tat sind die globalen Überkapazitäten der Eisen- und Stahlindustrie eine Folge der stagnierenden Weltwirtschaft und die Probleme der deutschen Eisen- und Stahlindustrie wurden nicht durch China verursacht. Sanktionen sind ein zweischneidiges Schwert. So führten die EU-Sanktionen gegen Russland zu entsprechenden Reaktionen auf der Gegenseite und beide Parteien erleiden Verluste, so dass Europa zurzeit weder ein noch aus weiß. Falls Deutschland dem Beispiel der USA folgen und Sanktionen gegen China verhängen sollte, könne es den bilateralen Beziehungen nur Schaden zufügen.

 

Eine zweite Frage lautet, ob die 15. Vergleichslandklausel, die Teil des Abkommens zu Chinas WTO-Beitritt ist, am Jahresende vertragsgemäß abgeschafft werden kann. Das Europäische Parlament verweigerte China jüngst in einer Resolution die Anerkennung als Marktwirtschaft, um die EU-Kommission daran zu hindern, das vor 15 Jahren gegebene Versprechen einzuhalten, was für China inakzeptabel ist. Man wartet mit Spannung ab, was für eine Haltung Deutschland als das Land mit dem größten Einfluss auf Entscheidungen der EU dazu einnimmt.

 

Drittens haben China und Deutschland, wie schon dargelegt, zahlreiche Konsense erzielt bzw. Vereinbarungen getroffen. Entscheidend ist jedoch, ob bzw. wie weit diese in die Tat umgesetzt werden. Auf deutscher Seite lässt sich eine Tendenz zur Einschränkung des Technologietransfers und ein zögerliches Verhalten beispielsweise bei der Zusammenarbeit im Bereich “Industrie 4.0” beobachten. Einige Medienberichte verbreiten in der Öffentlichkeit die Auffassung, dass China Deutschland die Butter vom Brot nehmen würde, sobald es sich moderne Technologien angeeignet und zu einem Konkurrenten geworden ist. Darin zeigt sich eine Denkweise des „Nullsummenspiels“. Wir kommen also nicht umhin, an der Bereitschaft und Aufrichtigkeit der deutschen Seite hinsichtlich der High-Tech-Kooperation zu zweifeln.

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Quelle: Beijing Rundschau

Schlagworte: China-Besuch , Merkel