Deutschland und China 2017

Insgesamt guten Beziehungen durch einige deutsche Aktionen geschadet Exklusiv

29.12.2017

Der vierte Fall hat mit der relativ frühen Unterstützung Deutschlands für die Seidenstraßeninitiative und der Rolle als Gründungsmitglied der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) und größtes Geberland außerhalb Asiens zusammen. Duisburg und Hamburg profitieren als Drehkreuze von der stetig wachsenden Zahl chinesisch-europäischer Zugverbindungen. Auch Kanzlerin Merkel brachte in der Vergangenheit die positive Einstellung Deutschlands gegenüber der Seidenstraßeninitiative zum Ausdruck. Was einen aber wundert ist, dass der deutsche Botschafter am 29. Juni 2017 im Interview mit der chinesischen Onlineausgabe der Financial Times in unverantwortlicher Weise ganz andere Töne anklingen ließ. In diesem Interview ließ er verlauten: "Auch, wenn wir dieses Projekt im Prinzip unterstützen, ist es doch ein chinesischer Weg der Globalisierung. Er stellt China in den Mittelpunkt und arbeitet kaum an der lokalen Integration der betroffenen Länder und Regionen", "für die Projekte der Seidenstraßeninitiative werden keine öffentlichen Ausschreibungen vorgenommen, sondern chinesische Unternehmen entsenden zu deren Durchführung chinesische Angestellte". Dieser Botschafter gibt zu, dass die Seidenstraßeninitiative "große Investitionen für die Infrastruktur und Unternehmen vieler Länder mit sich bringen wird und ihnen bei der Entwicklung der Wirtschaft und einer stabilen politischen Situation hilft", sagt dann aber: "Was uns nicht gefällt ist, dass die Seidenstraßeninitiative nur unter Beteiligung Chinas stattfindet und kein gemeinsames Projekt aller Länder ist". Darin zeigt sich ein grundlegender Mangel an Kenntnis der Prinzipien "gemeinsame Beratung, gemeinsame Entwicklung, gemeinsames Gewinnen" und der tatsächlichen Situation. Zugleich entblößte er sein eurozentrisches Denken und seinen Neid gegenüber der chinesischen Rolle als Initiator. Auch noch zu beachten ist, dass der Geschäftsführer der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, Harald Müller, am 8. Juli einen Artikel in der Frankfurter Neue Presse veröffentlichte, in dem er versuchte, die Haltung der deutschen Regierung zur Seidenstraßeninitiative zu entschlüsseln. Die Hauptaussage war: Der Westen habe zwar den Kalten Krieg durch eine kombinierte Strategie aus Verteidigung und Kooperation gewonnen, seine Menschenrechtspolitik aber nicht geändert. In den letzten 15 Jahren habe sich die chinesische Außenpolitik weiter in eine der deutschen Position entgegengesetzten Richtung entwickelt und sich aktiv dem Multilateralismus zugewendet sowie Initiativen zur Veränderung der vorhandenen internationalen Strukturen ins Leben gerufen. Die wichtigste davon sei die Seidenstraßeninitiative. Sie verbinde China mit den Wirtschaftsräumen zwischen Zentralasien, dem Nahen Osten, Afrika und Europa und habe zum Ziel, die USA als Führungsmacht des großen pazifischen Wirtschaftsraumes durch den eurasischen Wirtschaftsraum beiseite zu drängen und China an deren Stelle als neue Hegemonialmacht zu etablieren. Dieses Ergebnis ... entspricht nicht den europäischen Interessen. Dass die EU und Deutschland an der Seidenstraßeninitiative teilhaben, sei dennoch wünschenswert. Man könne diese auch nutzen, um eine noch stärkere hemmende Wirkung gegenüber China zu erzielen. ... Deutschland müsse China ein willkommener Kooperationspartner sein und, während es gemeinsam mit Europa der falschen Politik Trumps entgegenwirkt, auch gleichzeitig das Gewicht der EU nutzen, um die Kontrollgewalt Beijings über die Seidenstraßeninitiative auszugleichen. Müllers Artikel bieten interessante Denkanstöße.

 

Trotz der oben erwähnten negativen Aktionen Deutschlands gegenüber China übersteigt der gemeinsame Nutzen der deutsch-chinesischen Beziehungen die Differenzen bei Weitem. Die Win-win-Kooperation ist weiterhin der Mainstream und die positiven Ergebnisse der vergangenen Jahre lassen sich nicht verneinen. Wir hoffen von Herzen, dass Deutschland in Zukunft die harte Arbeit, mit der diese Ergebnisse errungen wurden, zu schätzen weiß, und objektiv und offen an die Beziehungen mit China herangeht, ohne diese als Nullsummenspiel zu betrachten, dass es rücksichtsvoll vorgeht und sich bemüht das politische Vertrauen und den gegenseitigen Nutzen voranzubringen.

 

Der Autor ist ehemaliger chinesischer Botschafter in Deutschland.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Deutschland,Zusammenarbeit,G20-Gipfel