Interview

Macron: "Gemeinsam Antworten finden auf die drängenden internationalen Fragen" exklusiv

08.01.2018

Auf der internationalen Ebene hängt der Kampf gegen den Klimawandel nach dem amerikanischen Ausstieg in erheblichem Maße von den Fähigkeiten der französisch-chinesischen Führung ab. Wir verstärken im Vorfeld der COP-24-Klimakonferenz 2018 und der UN-Biodiversitätskonvention, die 2020 von China ausgerichtet wird, unseren Dialog. Ich hoffe ebenfalls, dass wir beim Globalen Pakt für den Umweltschutz zusammenarbeiten werden, den Frankreich vor die Vereinten Nationen gebracht hat, um das internationale Recht in Einklang mit den Herausforderungen unserer Zeit zu bringen. Kurz gesagt, wir machen Umwelt- und Klimafragen zum Mittelpunkt unserer Partnerschaft. Dies verleiht uns bedeutende Chancen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Im vergangenen Jahr haben wir einen französisch-chinesischen Umweltmonat durchgeführt. In 18 chinesischen Städten fanden 100 Veranstaltungen mit insgesamt 160.000 Teilnehmern statt. Stellen Sie sich vor, was dies für ein ganzes Jahr bedeutet! Ich hoffe, dass wir in Frankreich und in China alle Energien mobilisieren werden, um den Kampf gegen den Klimawandel in eine beispiellose Gelegenheit der Kooperation zu verwandeln, und der Welt zeigen, dass wir erfolgreich sein können. In Frankreich haben wir eine Webseite geschaltet mit dem Titel "Make Our Planet Great Again", um Initiativen zu bündeln, die gut für das Klima sind. Die Seite gibt es in Französisch und Englisch, und ab sofort auch auf Chinesisch, denn mit China können und wollen wir erfolgreich sein.

 

China.org.cn: Im Mai 2017 hat Präsident Xi Jinping auf dem Gürtel-und-Straße-Forum für internationale Kooperation vorgeschlagen, einen Weg zu Frieden, Wohlstand, Innovation und der Vernetzung unterschiedlicher Zivilisationen zu errichten. Die Seidenstraßeninitiative verbindet die Wirtschaftsregion Ostasiens, die dynamischste der Welt, mit der EU, der größten Gruppe von entwickelten Volkswirtschaften der Welt. Was denken Sie über diese Initiative? Wie kann die Initiative dazu beitragen, die Verbindungen und den Austausch in Bezug auf Investitionen, Handel und zwischenmenschliche Kontakte zwischen China und Frankreich, China und Europa und letztlich Asien und Europa zu stärken?

 

Macron: Die Seidenstraßeninitiative, die von Xi Jinping ins Leben gerufen wurde, ist sehr wichtig. Ich bin davon überzeugt, dass das Projekt eine entscheidende Rolle bei der Strukturierung der Eurasien-Region spielen kann, und dass es eine reale Gelegenheit beinhaltet, durch Austausch zwischen Ländern und Zivilisationen Brücken zu errichten, genau wie einst die antike Seidenstraße. Es ist zudem wichtig, an einer besseren Konnektivität zwischen Europa und Asien zu arbeiten, etwas, nachdem wir uns leidenschaftlich sehnen. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass Europa und China ihre Zusammenarbeit bei dieser Initiative verstärken. Frankreich ist bereit, hier eine führende Rolle einzunehmen. Wir müssen konkrete Projekte identifizieren, die wir in Europa, in Asien und in Drittländern gemeinsam umsetzen. Wir müssen ein gutes Verhältnis zu multilateralen Institutionen anstreben, um die Kohärenz unserer Ziele zu gewährleisten. Wir müssen nach dem bestmöglichen Ergebnis für die Umwelt suchen, zum Beispiel - das ist meine Hoffnung - der Schaffung von ökologischen Seidenstraßen für das kommende Jahrhundert. Wir müssen dies tun im Rahmen einer ausbalancierten Partnerschaft, bei der die Regeln der Finanzierung mit unseren Standards übereinstimmen, und dem, was wir gemeinsam anstreben. Wir müssen auch Ausschau halten nach Gelegenheiten, mit Regierungen, Unternehmen und Zivilgesellschaften von verschiedensten Partnerländern zu kooperieren. Ich bin davon überzeugt, wenn wir darin erfolgreich sind, uns auf diesem Weg weiterzuentwickeln, dann können wir auch zu einem neuen Gleichgewicht im gegenwärtigen Multilateralismus finden.

 

China.org.cn: Wie lauten Frankreichs Antworten auf die andauernden Terrorangriffe auf der ganzen Welt, die Instabilität der internationalen Situation und die gestiegenen Unsicherheit? Wie werden Sie gemeinsam mit China diesen Herausforderungen begegnen?

 

Macron: Der Kampf gegen den Terrorismus ist eine der wichtigsten Aufgaben der Welt. Im Irak und in Syrien beteiligen wir uns an der internationalen Koalition, welche den territorialen Ambitionen von Daesh (IS) einen tödlichen Schlag versetzt hat. In der Sahelzone spielt Frankreich mithilfe der Operation Barkhane eine führende Rolle im Kampf gegen den Terror in einer Region, die Mali, Mauretanien, Tschad, Burkina Faso und Niger umfasst, und unterstützt die Gemeinsame Eingreiftruppe dieser fünf afrikanischen Staaten, die G5 Sahel. Doch um ein dauerhaftes Ende dieser Bedrohung zu finden, reichen militärische Maßnahmen nicht aus.

 

Wir müssen auch die Quellen der Terrorismusfinanzierung austrocknen. Dies ist das Ziel der Internationalen Konferenz zur Mobilisierung im Kampf gegen die Terrorismusfinanzierung, die im April in Paris stattfindet, und zu der auch China eingeladen ist. Ich hoffe, dass wir in Erwartung dieses Treffens aktiv mit China kooperieren können. Doch auch innerhalb der G20 und der Financial Action Task Force (FATF), die wir hoffentlich weiter stärken werden. Zudem benötigen wir politische Lösungen für die Krisen an vielen Orten, in Syrien, in Libyen, in Afrika, aber auch in Asien. Diese Krisen haben dem Terrorismus den Weg geebnet. Der Terror nährt sich vom Chaos, den er hervorgebracht hat, aber auch von der Schwäche der Staaten. In Libyen zum Beispiel ist die jetzige Situation maßgeblich das Ergebnis der militärischen Intervention, die nicht von Ansätzen der politischen Lösungsfindung begleitet wurde. Ich erkenne an, dass damals Fehler gemacht wurden. Wir haben kontinuierlich an der Wiederbelebung des politischen Prozesses im Rahmen der Vereinten Nationen gearbeitet. In diese Richtung gehen auch unsere Bemühungen in der Syrienkrise.

<  1  2  3  4  >  


Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Macron, China, Besuch, EU, Xi Jinping