Interview

Macron: "Gemeinsam Antworten finden auf die drängenden internationalen Fragen" exklusiv

08.01.2018

Allgemeiner formuliert müssen wir angesichts von Krisen, Instabilität und Bedrohungen des Friedens und der internationalen Sicherheit unerbittlich nach Wegen der internationalen Kooperation suchen und unsere Antworten in einem multilateralen Bezugsrahmen umsetzen. Was Nordkorea betrifft, auch das werde ich mit Xi Jinping besprechen, sollten wir unsere Verantwortung gemeinsam mit China im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wahrnehmen und die Sanktionen verstärken und vollständig umsetzen, damit das nordkoreanische Regime an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Ich verspreche mir viel vom unverzichtbaren Druck, den China ausübt, um Nordkorea von einem Kurswechsel zu überzeugen.

 

China.org.cn: Angesichts des Austrittsgesuchs Großbritanniens aus der Europäischen Union, der innenpolitischen Situation in Deutschland, die von Unsicherheit gekennzeichnet ist, und der Herausforderungen, denen die europäische Integration gegenübersteht, haben Sie Anfang 2018 einen Zeitplan zur Wiederbelebung der Europäischen Union vorgeschlagen. Können Sie uns mehr über die konkreten Pläne zur Wiederbelebung der EU verraten? Wird es für Frankreich möglich sein, sich nach dem Brexit zum neuen Finanzzentrum Europas zu entwickeln?

 

Macron: Herausforderungen haben die Europäische Union stets vorangebracht, und diese anzugehen, ist die Quelle von Europas Fähigkeiten zur Innovation und Kreativität. Heute stehen wir vor einer Wahl, die für die Fortsetzung unseres gemeinsamen Abenteuers entscheidend sein wird: Welches Europa wollen wir morgen haben? Durch meine Wahl zum französischen Präsidenten haben sich die Franzosen für Europa entschieden, während andere sich von Europa abgewandt haben. Den Wählern wurde die Möglichkeit der Abkehr von Europa dargeboten, und sie haben sich entschieden, dieser Versuchung zu widerstehen. Dies war eine starke und mutige Entscheidung. Seit meiner Wahl hoffe ich, dass Frankreich eine Botschaft aussendet, die Europa unterstützt. Europa muss in den Fragen der Sicherheit und Verteidigung, bei der Einwanderung, der Außenpolitik, der ökologischen Transition, Technologie und allem, was mit Wirtschaft und Finanzkraft zu tun hat, souverän werden. Dies sind die Themen, die wir mit Deutschland und all unseren Partnern sowie den europäischen Institutionen in den kommenden Monaten erörtern werden, um konkrete, sichtbare und schnelle Ergebnisse für unsere Bürger zu liefern. Ich weiß, dass China ein starkes und stabiles Europa will, das zugleich ein strategischer Partner der Globalisierung ist. Das ist auch mein Ziel.

 

Die Briten haben sich entschieden, die Europäische Union zu verlassen. Wir bedauern diese Entscheidung, respektieren sie aber auch. Es ist noch zu früh, um die neue wirtschaftliche und finanzielle Ordnung der Europäischen Union zu kommentieren. Doch was bereits feststeht ist, dass wir die führende Rolle der Pariser Finanzmärkte für die Europäische Union bestätigen wollen. Wir haben das beste Angebot. Paris ist eine Weltstadt und ein globales Finanzzentrum, das von einer positiven regulatorischen und fiskalpolitischen Umgebung unterstützt wird, die wir durch eine robuste Entwicklung von Startups und Hochtechnologie noch attraktiver machen. Der Pariser Finanzmarkt und vor allem Paris Europlace intensiviert im Moment seine Arbeit, um unsere Führungsrolle bei Transaktionen und Aktivitäten in Renminbi zu stärken.

 

China.org.cn: Bei einem Afrikabesuch haben Sie erklärt, dass Französisch "die erste Sprache Afrikas und möglicherweise der Welt" sein werde, was lebhafte Diskussionen im Internet ausgelöst hat. Wie lautet Ihre Antwort? Es ist wohlbekannt, dass Frankreich und China enge Verbindungen zu Afrika pflegen. In welchen Bereichen werden beide Länder ihre zukünftige Kooperation mit Afrika entwickeln?

 

Macron: Französisch ist momentan die am fünfthäufigsten gesprochene Sprache der Welt, die vierthäufigste Sprache im Internet, die dritthäufigste in der Geschäftswelt, die zweithäufigste in der internationalen Medienwelt, die zweite Arbeitssprache in der Mehrzahl der internationalen Organisationen und die am zweithäufigsten erlernte Fremdsprache der Welt. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2060 etwa 770 Millionen Menschen Französisch sprechen, 85 Prozent davon in Afrika. Ich unterstütze diesen Enthusiasmus. Nach meiner Meinung ist Französisch eine universale Sprache, die nicht nur auf das Gebiet Frankreichs beschränkt ist.


Heute hat China eine sehr starke Präsenz in Afrika. Es investiert sehr viel in diesen Kontinent mit einer finanziellen Kapazität, über die wir nicht verfügen. Gleichzeitig hat Frankreich im Gegensatz zu China ein tiefgründiges Wissen über Afrika, wegen seiner Geschichte, seiner geographischen Nähe zum Kontinent und der afrikanischen Diaspora. Wir müssen konsequent für Afrika zusammenarbeiten und gemeinsame Projekte unternehmen, die den tatsächlichen Bedürfnissen und Präferenzen der afrikanischen Staaten, seiner Bevölkerung und seiner Jugend entsprechen. Dies ist das Ziel der Partnerschaft, die während meines Besuches von der Französischen Entwicklungsagentur und der China Development Bank vereinbart wird, und die auch die Kofinanzierung von Projekten gegen den Klimawandel in Afrika ermöglicht. Ich hoffe auch, dass wir unseren Dialog über die Sicherheit in Afrika stärken können, vor allem was die Unterstützung für die G5 Sahel betrifft. Letzten Endes glaube ich, dass China in Afrika auch eine wichtige Rolle bei der Bildung einnehmen kann, was eine unserer wichtigsten Prioritäten ist. Im Februar werde ich in Dakar gemeinsam mit dem senegalesischen Präsidenten Macky Sall eine Konferenz über den Wiederaufbau der globalen Partnerschaft für Bildung leiten. Ich zähle auf Chinas Unterstützung.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Macron, China, Besuch, EU, Xi Jinping