Die KP Chinas nutzt schöpferisch das vor 170 Jahren erschiene Kommunistische Manifest Exklusiv
von Eike Kopf, Erfurt
Die chinesische Ausgabe des Kommunistischen Manifests, das 1920 in Shanghai erschien.
Vom 2. bis 9. Juni 1847 nahm Engels als Delegierter des Kreises Paris am ersten Kongress des Bundes der Kommunisten in London teil. Aus seiner Feder stammt der dort verabschiedete Entwurf des programmatischen Dokuments „Kommunistisches Glaubensbekenntnis“[1], der danach in den Bundesgemeinden zur Diskussion in Vorbereitung des zweiten Bundeskongresses gestellt wurde. Die bis dahin – auch in Diskussionen mit Marx in Brüssel – gewonnenen Erkenntnisse der materialistischen Theorie der Gesellschaft und ihrer Geschichte wurden in diesem Dokument zum ersten Mal systematisch zusammengefasst und mit einer praktisch politischen Bewegung in Verbindung gebracht. Es handelt sich dem Wesen der Sache nach um den ersten Entwurf des Bundesprogramms, das wenige Monate später in Gestalt des „Manifest der Kommunistischen Partei“ verabschiedet wurde.
Die von Engels Ende Oktober 1847 ausgearbeiteten „Grundsätze des Kommunismus“ sind ein Programmentwurf für den zweiten Kongress des Bundes der Kommunisten und stellen in quantitativer und qualitativer Hinsicht eine Weiterentwicklung des von ihm Anfang Juni 1847 entworfenen „Kommunistischen Glaubensbekenntnisses“ unter Nutzung von Erkenntnissen der „Deutschen Ideologie“ und Engels’ oben zitiertem Artikel „Die Kommunisten und Karl Heinzen“ dar. Die Katechismusform mit ihren Fragen und Antworten – vermutlich für die Gestaltung von Diskussionen und Agitationen – wurde beibehalten. Die Einzigartigkeit dieses Entwurfs besteht darin, dass in ihm – noch mehr als dann im „Manifest der Kommunistischen Partei“ – die philosophischen, ökonomischen, sozialen, politischen und historischen Voraussetzungen und die daraus historisch konkret abgeleiteten programmatischen, d. h. strategischen und taktischen Schlussfolgerungen und politischen Maßnahmen zur Erringung eines neuen Zivilisationstyps der Menschheit entwickelt worden sind. Engels’ „Grundsätze ...“ sind die rationalste überlieferte Darstellung der objektiv real gewordenen wesentlichsten, innersten und allgemeinsten Zusammenhänge der bürgerlichen Gesellschaften Westeuropas und der USA der 1840er Jahre und der ihnen innewohnenden möglichen zukünftigen Entwicklung unter entsprechenden Bedingungen.
Der Erstdruck des „Manifest der Kommunistischen Partei“ erfolgte vermutlich zwischen dem 7. und 29. Februar 1848.
Warum ist diese „kleine“ Schrift, die vor 170 Jahren von dem 28 bzw. 30 Jahre jungen Engels und Marx erarbeitet worden ist, zum Weltkulturerbe geworden?
Hatte Martin Luther 1517 (etwa ein Jahrhundert, nachdem Jan Hus auf dem Konzil in Konstanz verbrannt worden war) mit seinen Thesen – ob er sich der Tragweite bewusst war oder nicht – einen Angriff auf die römische Kirche als eine tragende Säule die Reformation, d. h. die Umgestaltung oder Umwälzung der feudalen Gesellschaftsordnung im Interesse des städtischen Bürgertums vorgenommen, dem 1566 in Holland, 1688 in England, 1776 in den USA und 1789-94 in Frankreich siegreiche bürgerliche Revolutionen folgten, so wurde mit dem „Manifest der Kommunistischen Partei“ die von Engels und Marx seit Ende 1843 erarbeitete wissenschaftliche Weltanschauung mit der praktischen politischen Bewegung der Arbeiterklasse verbunden.
Das „Manifest“ entstand und erschien kurz vor Ausbruch der bürgerlichen Revolutionen 1848 in Frankreich, Deutschland und Österreich-Ungarn. Die historische Notwendigkeit der Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsformation wurde also durch Engels’ Durchschauen gewissermaßen der Keimzelle der industriellen Revolution im englischen Manchester früh vorausgesagt, d. h. zu einem Zeitpunkt, als dieselbe noch längst nicht auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung angelangt war!
[1] Siehe „Der Bund der Kommunisten. Dokumente und Materialien“. Bd. 1. Dietz Verlag Berlin 1970, S. 470-475.