Traditionelle chinesische Holzschnittkunst
Besuch beim Küchengott Exklusiv
von Elke Lütke-Entrup, München und Beijing
Die Münchnerin Ingrid Jansen (78) sammelt seit ihrem Aufenthalt in Beijing von 1986 bis 1988 begeistert chinesische Volkskunst, u.a. Scherenschnitte, Holzschnittdrucke und Bauernmalereien. Während ihr Mann Theo Jansen als Projektleiter half, das chinesische Patentamt aufzubauen, besuchte sie Volkskünstler. Ihre Sammlungen hat sie deutschlandweit bereits in mehr als 40 Ausstellungen gezeigt und ebenso viele Vorträge gehalten. Die Motive ihrer 300 Holzschnittdrucke umfassenden Sammlung stammen zum Teil noch aus der Qing-Dynastie. Im 17.Jahrhundert erreichte der Farbholzschnitt in China seine große Vollendung und war im ganzen Reich verbreitet. Im Interview mit China.org.cn erzählt sie von ihrer Leidenschaft.
Ingrid Jansen sammelt seit 30 Jahren chinesische Holzschnittdrucke
China.org.cn: Frau Jansen, Sie sind gelernte Buchhändlerin. Was hat sie im Jahr 1986 in China dazu gebracht, Abbildungen aus dem Holztafelschnitt zu sammeln?
Ingrid Jansen:Wissen Sie, das war eine ganz andere Zeit, damals. Ich hatte viel Zeit, mich mit chinesischer Kultur zu beschäftigen. Um sechs Uhr abends ist man nicht mehr rausgegangen und auch die Restaurants haben nichts mehr angeboten. Die Straßen in Beijing hatten oft drei Spuren, eine war für Autos und zwei für Fahrräder. Es gab fast keine Pkws. Wenn überhaupt, sind die Leute Lastwagen gefahren, um größere Dinge transportieren zu können. Wir wohnten außerhalb des Stadtzentrums im Freundschaftshotel. Morgens in der Früh kamen die Bauern vom Land mit den Mauleseln in die Stadt, um auf dem Markt ihre Waren zu verkaufen. Trap trap trap machte das, das höre ich noch heute. Die dürfen heute gar nicht mehr in die Stadt. Ich habe damals viele Übersetzungen chinesischer Romane gelesen und war schon lange an chinesischer Tradition interessiert. Während mein Mann arbeitete, habe ich zu Fuß chinesische Märkte und Geschäfte besucht.
Ingrid Jansen beim Besuch der Druckerei Taohuawu in der Stadt Suzhou
Wo haben Sie die Holzschnittdrucke gefunden?
Die ersten Holzschnittdrucke habe ich zufällig auf Antiquitätenmärkten gesehen und gekauft. Ich kaufte, was mir gefiel, und so kamen, auch auf vielen Reisen, schnell mehr als 300 verschiedene Einzelblattdrucke zusammen. Meine komplette Sammlung stammt aus China. Es gibt zwei Arten von Holzschnittdrucken: Eine, die alte Meister mit dem Holzschnitt kopiert, und deren Drucke wie gemalt, nicht wie gedruckt aussehen. Viele davon habe ich in der berühmten Werkstatt von Rong Bao Zhai in Beijing gefunden. Die anderen sind bäuerliche Holzschnitte, deren Drucke als Holzschnittdrucke erkennbar sind. Später bin ich extra zu Holzschnittwerkstätten in Shandong und Suzhou gefahren, um mir das Druckverfahren anzusehen und weitere Drucke zu kaufen. Einmal waren wir in Luoyang und haben uns die Longmen-Grotten angesehen. Dort waren ein Geschäft und ein lieber Mann, der ganz viel wusste und Holzschnitte verkaufte. Ich habe voll zugegriffen.
Waren die Holzschnitte teuer?
Für uns Ausländer war es nicht viel Geld. Aber jeder Druck war eine Einzelanfertigung, und für jede der meist fünf Farben gab es eine extra geschnittene Druckplatte. Leider wurden sie damals noch auf schlechtem, dünnem Papier gedruckt. In den 80er-Jahren gab es in China ja noch Papiermangel.
Demonstration des Druckverfahrens in einer Holzschnittdruckerei in Shandong
Was genau hat sie an den Holzschnittdrucken fasziniert?
Ich mochte diese enorme klare Farbenpracht, die auf den Farben, rot, gelb, violett und grün beruht. Zuerst wird schwarz gedruckt und dann kommen die verschiedenen Farben. Die Symbolik der Bilder hat mich sehr berührt. Unsereiner sieht einen Pfirsich und der Chinese sieht den Wunsch nach einem langen Leben. Der Granatapfel hat auch bei uns die Bedeutung der Fruchtbarkeit, weil er so viele Kerne hat. In China ist die Symbolik in vielen Bereichen ganz geläufig. Ich versuche immer, die jeweilige Bedeutung des Dargestellten herauszufinden.
Wie gehen Sie dabei vor?
Sehr viel habe ich aus Büchern gelernt und vieles haben mir Chinesen vor Ort erzählt. Ich reise alle zwei bis drei Jahre für mehrere Wochen nach China und kaufe dabei immer Bücher, mit Erklärungen zu den Abbildungen, die ich besitze. Jedes Mal schicke ich eine Kiste mit Büchern nach Hause. Es gibt leider nur wenige deutschsprachige fachspezifische Bücher und Kataloge. Eines stammt von der Österreicherin Else Unterrieder „Glück ein ganzes Mondjahr lang“ oder das Buch „Göttliches Walten und irdisches Glück“ vom Museum für Asiatische Kunst in Berlin. Auch das Konfuzius-Institut München hat mir bei der Interpretation der Werke sehr geholfen.