Ein umstrittener Autor mit aufrichtiger Persönlichkeit

Han ist der Ansicht, bei der Auswahl des Literaturnobelpreisträgers würden allgemein zu viele politische Faktoren berücksichtigt und die literarischen Werte vernachlässigt. Dass das Nobelpreiskommitee der Schwedischen Akademie dieses Jahr den Preis an Handke verliehen habe, könne als eine Art Wiedergutmachung bezeichnet werden.

Als die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek 2004 den Nobelpreis entgegennahm, sagte sie, Peter Handke sollte vor ihr den Preis bekommen, denn er ist ein lebender Klassiker. In der westlichen Welt ist Handke jedoch ein zutiefst umstrittener Autor, weil er im Bereich der "Politischen Korrektheit" nicht immer mit den westlichen Mainstreamwerten vereinbar ist.

Han Ruixiang (rechts) und Peter Handke, 2016, Beijing.

In den 1990er-Jahren war das von Slobodan Milosevic regierte Serbien in drei Kriege verwickelt, die auf der Balkan-Halbinsel große Unruhe und eine hohe Zahl an Toten verursachten. Milosevic wurde deshalb von einigen westlichen Medien als "Schlächter vom Balkan" bezeichnet. Daran zweifelte Handke. Er hatte selbst Jugoslawischen Boden betreten und auf seinen Reisen geschaut und empfunden. Er habe unabhängig nachgedacht und nach der Wahrheit gesucht. Von Handkes drei jugoslawischen Reiseberichten ausgehend meint Han, dass Handke den Krieg, die Verlogenheit der westlichen Medien und ganz besonders die Bombardierung Jugoslawiens durch die NATO verabscheue. Denn diese extreme und brutale Vorgehensweise träte die Menschlichkeit mit Füßen, vernichtete die traditionelle Kultur dieser Region und verursachte noch schärfere Konflikte zwischen den Völkern dieser Region. Aus Protest gegen die Teilnahme der Bundeswehr an den Bombardierungen von Serbien und dem Kosovo gab Handke den ihm 1973 verliehenen Büchner-Preis, die höchste Auszeichnung in der deutschsprachigen Literatur, zurück. Die Beschuldigungen der westlichen Medien, Serbien habe im Bosnienkrieg einen Völkermord an der kroatischen Bevölkerung vorgenommen, wies er zurück. Man muss Handkes Werke, besonders seine Jogoslawien-Reiseberichte lesen, um seine politische Einstellung besser zu verstehen.