Außenöffnung auf hohem Niveau: Für ein faires Wettbewerbsumfeld
Auf Chinas Zentraler Wirtschaftskonferenz Ende 2022 in Beijing wurden wichtige Weichen für die wirtschaftliche Entwicklung im laufenden Jahr gestellt. Auch 2023 will die Volksrepublik das Land weiter modernisieren, und zwar nach eigenem Vorbild, genauer gesagt nach dem Modell der „Chinesischen Modernisierung“. Unternehmen mit auswärtigem Kapital spielen dabei eine Schlüsselrolle. Das zeigt sich auch anhand von vier Schlüsselwörtern, die auf der jüngsten Wirtschaftskonferenz immer wieder im Vordergrund standen: Niveauerhöhung, Fairness, Regeln und Vorzeigeprojekte.
Ausländische Investitionen fördern den Fortschritt
Wie sich die Weltlage auch verändern mag, an einem Grundsatz wird nicht gerüttelt: China hält an seiner Öffnungspolitik fest. Damit kommt das Land nicht nur seinen Versprechen an das multilaterale Handelssystem nach. Vielmehr ist Chinas klares Öffnungsbekenntnis auch eine wichtige Lehre, die China aus der eigenen Geschichte gezogen hat. Gestützt auf die Vorteile seines riesigen Binnenmarktes legt das Land im Jahr 2023 einerseits großen Wert auf quantitative Öffnung. Andererseits ist man bestrebt, auch die Qualität der Außenöffnung zu steigern. In diesem Zusammenhang ist etwa die verkürzte Negativliste für den Marktzugang von auswärtigem Kapital zu nennen. Innerhalb der letzten fünf Jahre wurde die Zahl der in dieser Liste erfassten Maßnahmen von 190 auf 31 reduziert, eine Kürzung um 83,7 Prozent. Mit diesem Schritt kommt die chinesische Regierung den Bedürfnissen ausländischer Unternehmen nach, etwa in den Branchen Dienstleistung und High-End-Fertigungsindustrie. Denn hier wünschen sich ausländische Betriebe größere Wettbewerbsfähigkeit und eine generelle Markterweiterung in China.
Auch im laufenden Jahr setzt China seine Außenöffnung also weiter fort. Ein wichtiger Beleg hierfür sind die Coronamaßnahmen des Landes, die stetig angepasst und verfeinert wurden. Sie kommen ausländischen Investoren direkt und effektiv zugute. Es sind vor allem Schlüsselbranchen und regionale Märkte, die ausländische Investoren anziehen. Umgekehrt tragen die Kapitalanlagen und Investitionen ausländischer Geschäftsleute auch dazu bei, Chinas Marktordnung weiter zu verfeinern und die Gestaltung von Kontrollmechanismen in neuen Feldern zu fördern. So wird letztlich ein stabileres, transparenteres und freundlicheres Investitionsumfeld geschaffen.
Gleichbehandlung und fairer Wettbewerb
Dem Prinzip der Inländerbehandlung folgend werden ausländische und inländische Anbieter grundsätzlich gleich behandelt. Üblicherweise haben ausländische Investoren bei ihrem Marktzutritt allerdings anfänglich das Nachsehen gegenüber der heimischen Konkurrenz, vor allem in Bezug auf Gesetze und Vorschriften, Marktanteile und Lieferketten. In den letzten Jahren ist die faire Behandlung aller Parteien – einschließlich ausländischer Investoren – zu einem Schwerpunkt der chinesischen Bemühungen um Auslandsinvestitionen geworden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Markt die entscheidende Rolle bei der Ressourcenallokation spielt. 2023 wird China das Recht ausländischer Firmen auf eine faire Beteiligung an staatlichen Aufträgen und Ausschreibungen garantieren. Auch lädt das Land ausländische Betriebe dazu ein, sich bei der Formulierung einschlägiger Normen des Landes umfassend einzubringen. Und auch der Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und anderer legitimer Rechte und Interessen ausländischer Unternehmen bei Investitionen in China wird weiter verbessert. Ziel ist es, ein faires rechtliches Umfeld für ausländische Investoren zu schaffen.
Frisch vom Band: Am 18. November 2022 führen Arbeiter im Qingdaoer Werk von Chery Automobile Inspektionen durch.
China setzt auf eine innovative Entwicklung sowie auf neue Technologien, Verfahren und Materialien, um die Effizienz zu steigern, umweltfreundlicher zu werden sowie kreative und nachhaltige Lösungsansätze zu entwickeln. So will China die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung einerseits und die Erfüllung seiner Klimaschutzverpflichtungen und -ziele andererseits ins Gleichgewicht bringen. Ausländische Unternehmen verfügen meist über einzigartige innovative Stärken in bestimmten Bereichen. Und eine rasche Erneuerung in Verbindung mit der Größe des chinesischen Marktes entspricht nicht nur Chinas Ziel einer qualitativ hochwertigen Entwicklung, sondern ist auch von Vorteil, wenn es darum geht, Innovationslösungen für die Welt bereitzustellen.
Der Boom der E-Mobilität im Reich der Mitte bringt das wechselseitige Zusammenspiel von Technologie, Markt und Industriekette gut zum Vorschein. Ein Beispiel ist hier Teslas Gigafactory in Shanghai. Im August 2022 lief dort das millionste Fahrzeug vom Band, weniger als drei Jahre nach der Auslieferung des ersten in China hergestellten Tesla-Automobils. Statistiken zufolge lieferte das Werk im Jahr 2022 insgesamt rund 710.000 Fahrzeuge aus, ein Plus von 48 Prozent gegenüber 2021.
Regeln gehen vor
Im Zuge seiner Internationalisierung hat China rationale Regeln für alle Marktteilnehmer eingeführt und auf globale Trends rechtzeitig reagiert. Um die Märkte offen zu halten und eine Öffnung auf hohem Niveau zu garantieren, hat das Land auch seine institutionelle Öffnung in Bezug auf Regeln, Vorschriften, Management und Normen vorangetrieben. Trotz des enormen Drucks in Bezug auf die Erneuerung des multilateralen Wirtschafts- und Handelssystems der WTO begnügte sich China nicht einfach damit, seinen WTO-Beitrittsverpflichtungen nachzukommen. Vielmehr hat das Land längst die Initiative ergriffen, um seine Öffnung selbstständig weiter auszuweiten und sie an die Marktveränderungen anzupassen.
Um der Nachfrage nach internationaler Zusammenarbeit, die sich aus dem technologischen Fortschritt und den Neuerungen in den Handels- und Investitionsmustern ergibt, besser gerecht zu werden, hat sich China um den Beitritt zu internationalen Wirtschafts- und Handelsabkommen hohen Standards beworben. Die Hoffnung ist, dass derartige internationale Verträge für gut abgestimmte Gesetze, Vorschriften und Regierungsmaßnahmen aller Mitglieder sorgen, ebenso wie für die Herausbildung eines großen, stabilen und unternehmensfreundlichen Marktes. 2023 wird China seinen Beitritt zum umfassenden und fortschrittlichen transpazifischen Partnerschaftsabkommen (CPTPP) sowie zum Partnerschaftsabkommen für die digitale Wirtschaft (DEPA) weiter aktiv vorantreiben. In diesem Zusammenhang wird das Land die Optimierung seines inländischen Makroumfelds weiter fördern, und zwar im Einklang mit den Regeln und Modellen dieser Abkommen, und sich intensiv auf die nachfolgenden Verhandlungen vorbereiten. Verschiedene Arten von offenen Parks, darunter Freihandelshäfen und Pilot-Freihandelszonen, sind für China zu Test- und Demonstrationsgebieten für die Förderung einer systematischen Öffnung geworden und werden auch weiterhin nachahmenswerte Erfahrungen für verschiedene Wege der Öffnung liefern.
Ende 2022 erklärte der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, bei seinem China-Besuch, dass Europa bereit sei, den Prozess des Investitionsabkommens zwischen der EU und China fortzusetzen, um das gegenseitige Vertrauen in die Stabilität der Lieferketten zu stärken und die beidseitig vorteilhafte Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen zu vertiefen. Da es sich um ein gewinnbringendes Abkommen handle, sollten China und Europa in enger Abstimmung vorwärtsschreiten, so Michel, um eine baldige Unterzeichnung und das Inkrafttreten des Abkommens zu fördern. Dies dürfte Unternehmen und Menschen auf beiden Seiten zugutekommen.
Zieleinfahrt: Der erste 1200 Tonnen schwere Torfzug des China-Europa-Expresses traf am 9. Oktober 2022 im Bahnhof von Lanzhou ein.
Vorzeigeprojekte nützen Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette
Das Verbundprojekt des deutschen Chemiekonzerns BASF in Zhanjiang in Guangdong, das dritte Fahrzeugwerk der BMW Group im nordostchinesischen Shenyang, das Projekt für New Energy Vehicles von Audi FAW – Vorzeigeprojekte wie diese zeigen eindeutig das Vertrauen ausländischer Investoren in den chinesischen Markt. Zugleich dienen sie dazu, ein kompletteres und vollständigeres Lieferkettennetzwerk zu gestalten. In dem Maße, wie sich die Weltwirtschaft industriell wie technologisch weiterentwickelt, wird auch der Bedarf an Synergien zwischen Unternehmen immer vielschichtiger. China verfügt über ein relativ vollständiges Industriesystem und starke globale Wettbewerbsfähigkeit in Bezug auf Industriearbeiter und logistische Unterstützung. In diesem Kontext werden Großprojekte multinationaler Unternehmen in China weiterhin willkommen sein. Denn auf diese Weise werden die Vorteile der chinesischen Marktentwicklung für alle Seiten zu einem Gewinn.
*Der Autor ist leitender Forscher an der Chinesischen Akademie für internationalen Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit des chinesischen Handelsministeriums.