Beziehungen zu China
„De-Risking“ liegt nicht im Interesse der EU, sondern der USA
Statt von „De-Coupling“ sprechen viele europäische Politiker derzeit oft von „De-Risking“ gegenüber China. Ein blindes Folgen der amerikanischen Chinapolitik liegt jedoch nicht im Interesse Europas.
Konfrontation statt Kooperation. Das scheint die Politik der USA gegenüber China in den letzten Jahren zu sein, sowohl in den Wirtschaftsbeziehungen als auch in der Wissenschaft. Mehr und mehr drängen die USA auch ihre Verbündeten dazu, diesem Kurs zu folgen. Während die Politiker der Europäischen Union (EU) scheinbar nach der Pfeife des Weißen Hauses tanzen wollen, schlagen viele Unternehmen eher einen anderen Kurs ein.
Wie das Statistikamt Eurostat mitteilte, haben sich die EU-Importe aus China zwischen 2018 und 2022 fast verdoppelt. Von 2022 bis Mai diesen Jahres war die Volksrepublik demnach der zweitgrößte Handelspartner der EU, die größte Importquelle und der drittgrößte Exportmarkt. Der Gesamtwert der Importe und Exporte der EU mit China belief sich im vergangenen Jahr auf 856,3 Milliarden Euro - 22 Prozent mehr als im Vorjahr.
Diese Zahlen zeigen laut He Zhigao, Forscher am Institut für Europäische Studien der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften (CASS), dass es viele gemeinsame Interessen zwischen China und der EU gebe. Er fügte hinzu, dass die Einschränkung der Zusammenarbeit mit China aus wirtschaftlicher Sicht eine irrationale und schwierige Option für die EU sei.
Im Juli veröffentlichte die Bundesregierung nach monatelangen Verhandlungen ihre China-Strategie. Darin heißt es, ein „De-Risking“ (Risikominderung) gegenüber China sei „dringend notwendig“. Für Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, ist das allerdings „kein wirklich guter Begriff“. „Man kann Risiken nicht reduzieren, indem man sich abschottet“, erklärte der Chef des größten Automobilzulieferers Europas gegenüber der Financial Times.
„De-Risking“, ein Konzept, das die USA auf Kosten ihrer Verbündeten ausnutzen wollen
„Mi dem Konzept des ‚De-Risking‘ kann man keine gesunde Entwicklung der Beziehungen zwischen China und der EU herstellen wie es von EU-Beamten vorgestellt wurde. Im Gegenteil: Die Idee wird wahrscheinlich von den USA weiter gestärkt und ausgenutzt werden“, erklärte der chinesische Wissenschaftler.
Und die USA würden seines Erachtens nur ihre eigenen Interessen verfolgen. Seit dem Ausbruch der Ukraine-Krise hätten fast alle politischen Maßnahmen der USA den Interessen ihrer europäischen Verbündeten geschadet. So hätten die Sanktionen gegen Russland Europa in hohem Maße von US-Energielieferungen abhängig gemacht. Im vergangenen Jahr erklärte die Europäische Kommission, dass die EU mit einem Anteil von mehr als 52 Prozent der größte Abnehmer des Flüssiggases aus den USA sei.
Ende vergangenen Jahres zitierte Politico Europe anonym einen hochrangigen EU-Beamten: „Tatsache ist, dass ... das Land, das am meisten von diesem Krieg [der Ukraine-Krise] profitiert, die USA sind, weil sie mehr Gas zu höheren Preisen verkaufen und auch mehr Waffen“. Laut einer am 27. Juni veröffentlichten Umfrage des Pew Research Centers sind auch viele Europäer nicht erfreut darüber, dass Europa seine Politik nach den USA ausrichtet.
Belen Garijo, Vorstandsvorsitzende des führenden deutschen Wissenschafts- und Technologiekonzerns Merck, sagte der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua, dass ein Abbruch der Handelsbeziehungen mit China erhebliche wirtschaftliche Kosten mit sich bringen würde. „Die Globalisierung hat der Welt Wohlstand gebracht, mit mehr Innovation und Zusammenarbeit, aber wir laufen Gefahr, das zu verlieren“, warnte Garijo.
CASS-Forscher He sagte, die Beziehungen Europas zu China sollten nicht von der US-Politik beeinflusst werden. „Nur so könne Europa seine eigenen Interessen wahren und vermeiden, durch die Anti-China-Falle zu einem Werkzeug der USA zu werden.“