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04. 05. 2011 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Es gibt ja viele größere und kleinere Probleme, die man in einem so großen Land bewältigen muss. Ich nenne nur einmal Wirtschaftsentwicklung, Bevölkerungsentwicklung, Inflation, Korruption, der Umgang mit globalen Themen wie Finanzkrisen, Umwelt- und Klimaschutz. Welche, glauben Sie, sind die größten Herausforderungen, denen die chinesische Regierung heute gegenübersteht?
In führender Position in diesem Land zu sein, muss unglaublich schwierig sein. Ich hege für jene, die hier Entscheidungen treffen müssen, aufrichtigen Respekt. Die von Ihnen angesprochenen Probleme sind vorhanden, natürlich auch in anderen Ländern. China hat diese potenziert, schon aufgrund der Größe der Bevölkerung.
Ich glaube, die wichtigste Herausforderung, der China sich in der nächsten Zeit stellen muss, ist die Umwelt – und da insbesondere das Thema Wasser. Das Land verbraucht immer mehr Wasser für die Landwirtschaft, für die Industrie, Wasser für eine sich verstädternde Gesellschaft. Hier müssen noch große Entscheidungen getroffen werden. Auch wenn das lehrerhaft klingt: Das Volk muss lernen, sorgsamer mit Wasser umzugehen und das Gut Wasser zu schätzen.
Der österreichische Botschafter in China Dr. Martin Sajdik spricht gegenüber China.org.cn. Foto von Luo Xu
Dazu gehört auch das Aufforsten mit Bäumen, um sauberes Grundwasser zu erzeugen?
Ja, und man darf nicht sagen, dass das hier noch nicht geschieht. Ich bin relativ viel in China herumgefahren. Und zu sagen, das gibt es hier nicht, ist nicht richtig. Auch aus der Perspektive eines Österreichers gibt es das in riesigen Flächen. Aber der Punkt ist, wie gesagt, das Bewusstsein in der Bevölkerung für das Gut Wasser zu schaffen. Wasser ist ein teures Gut, so wie vieles im Leben. Und gerade wir Österreicher, die viel Wasser der Güte 1 haben, wissen genau, dass das Gut Wasser einen Preis hat.
Österreich ist natürlich mit einer ausgesprochen schönen und vergleichsweise intakten Natur gesegnet. China ist ungleich größer und schwieriger zu managen. Wollen Sie damit zum Ausdruck bringen "Kein Wachstum um jeden Preis"?
Das ist es, ja. Man muss hier noch ein stärkeres Bewusstsein entwickeln für ein integriertes Wachstum, ein nachhaltiges Wachstum. Natürlich wissen und sagen die Politiker, dass das notwendig ist, und man kann das im Regierungsprogramm nachlesen. Das Problem ist aber das des mangelnden Bewusstseins in der Bevölkerung und das der Umsetzung der Politik.
Im Krisenjahr 2009 wies Österreich als einziges Exportpartner Chinas eine positive Entwicklung mit China auf, das Volumen betrug zwei Milliarden Euro. Und im Zuge der globalen Finanzkrise ist China nicht nur in Österreich, sondern auch vielen anderen europäischen Ländern auf Einkaufstour gegangen. Und auch von Chinas nationalen Konjunkturprogrammen profitierten EU-Länder. China hat direkt oder indirekt Wirtschafts- und Finanzierungshilfen für europäische Staaten geleistet. Es gibt nun kritische Stimmen, die sagen, China wolle Europa kaufen. Was halten Sie von solchen Vorwürfen?
Ich glaube, es geht hier um zwei Themenkreise. Zum ersten: Ich bin nicht der Ansicht, dass China Europa – und insbesondere Österreich – direkt oder indirekt im Jahr 2009 geholfen hat. China war der einzige Markt für österreichische Exporte, und diese stiegen 2009 tatsächlich um neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aber im selben Maß, wie die chinesische Wirtschaft wuchs.
Ich bin der Ansicht, das China nicht einen einzigen Yuan Österreich in diesem Jahr geschenkt hat. Was China von österreichischen Unternehmen gekauft hat, sind Güter, die China dringend gebraucht hat zum weiteren Ausbau seiner Infrastruktur. Wie liefern etwa Schienen für Hochgeschwindigkeitsstrecken und automatische Türen und Antriebe für Untergrundbahnen.
China hat diese Komponenten in Österreich nicht gekauft, um uns einen Gefallen zu tun, sondern weil das Teil des Konjunkturprogramms war, mit dem China die Wirkungen der internationalen Finanzkrise für sich selbst abschwächen wollte.
Ich sag es noch einmal: Auch die chinesische Wirtschaftsdelegation, die im Vorjahr in Österreich war, hat sicherlich nicht nur einen Yuan ausgegeben, um uns irgendwie unter die Arme zu greifen.
Wir sind kein Land, das so verschuldet ist, dass China dessen Staatspapiere kaufen musste. Und auch bei den Staaten, wo China das tut, ist das keine humanitäre Hilfe, sondern geschieht das mit der Absicht, sich diese Länder als Märkte zu öffnen.
Zu dem von ihnen genannten ersten Thema gibt es auch in der innerchinesischen Diskussion manchmal Formulierungen, die nicht sehr vernünftig sind. Und wie es in Europa ein Meinungsspektrum gibt, gibt es in China oder den USA offenbar auch Meinungsäußerungen, die einem Hurra-Patriotismus entspringen und nicht unbedingt einer nüchternen Analyse.
Das zweite ist, dass, wenn China gewillt ist, in Österreich zu investieren und sich einzukaufen, wir das nur begrüßen werden. Österreich ist ein kleines Land mit 8,3 Millionen Einwohnern, das sind 0,62 Prozent der Bevölkerung Chinas. Bisher sind österreichische Investitionen in China aber nur eine Einbahnstraße.
Gerade jetzt wird das österreichische Unternehmen AT&S, ein Zulieferer für die Mobiltelephonie, 400 Millionen Dollar in ein neues Werk in Chongqing investieren. Welches chinesische Unternehmen hat in Österreich bisher 400 Millionen Dollar ausgegeben? Ich kenne das nicht. Auf das warten wir alle noch mit Freude. Und ich hoffe, dass ich mit meinem Interview chinesische Unternehmen dazu bringe, in Österreich zu investieren – auch wenn es heute nur auf deutsch ist (lacht).
Quelle: german.china.org.cn
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