Interview mit dem Österreichischen Botschafter
Gute Partnerschaft auch in der Coronakrise Exklusiv
Beim Treffen mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi im Rahmen der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar hat der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz die weitere Entwicklung der bilateralen Kooperation wertgeschätzt. Welche Kooperationen im vergangenen Jahr zwischen beiden Ländern sind Ihrer Meinung nach besonders nennenswert?
Letztes Jahr, wie Sie erwähnt haben, hat Bundeskanzler Kurz China einen offiziellen Besuch abgestattet. Er war von Premier Li Keqiang eingeladen worden. Und im Zusammenhang mit dem offiziellen Besuch hat der Bundeskanzler auf Einladung von Präsident Xi Jinping auch am zweiten Belt-and-Road-Forum teilgenommen. Es war ein sehr guter Besuch. Bei diesem haben wir eine Reihe von Vereinbarungen unterschrieben. Und eine der wichtigsten war ein Memorandum über die Kooperation auf Drittmärkten. Das heißt, dass österreichische und chinesische Firmen in Drittstaaten zusammenarbeiten, in Afrika aber auch in Zentral – und Osteuropa und in Asien. Wir haben schon eine ganze Reihe von Kooperationen, die funktionieren, entweder wo chinesische Banken bestimmte Geschäfte finanzieren, oder wo österreichische Unternehmen mit chinesischen Unternehmen im Infrastrukturbereich zusammenarbeiten. Ich glaube, das war eine sehr wichtige Vereinbarung, die bei diesem Treffen unterschrieben wurde.
Anfang dieses Jahres kündigte Bundeskanzler Kurz auch an, dass der chinesische Telekommunikationskonzern Huawei beim 5G-Netzausbau in Österreich nicht ausgeschlossen werde. Er sprach sich dafür aus, mit den anderen EU-Ländern gemeinsam die Probleme zu lösen. Warum hat Österreich trotz der Streitigkeiten diese Entscheidung getroffen? Wie bewerten Sie die unterschiedlichen Stimmen auf der Welt zu Huawei?
Sie haben gesehen, dass Europa eine gemeinsame Position festgelegt hat. Das wurde lange in Europa diskutiert, und diese gemeinsame Entscheidung hat sichergestellt, dass Huawei weiterhin in Europa tätig sein kann. Österreichische Telekom-Unternehmen arbeiten seit vielen Jahren eng mit Huawei zusammen. Huawei ist in Österreich gut aufgestellt und auch bestens vernetzt. Es ist wichtig für Österreich, aber auch für andere europäische Länder, dass es mehrere Anbieter gibt. Es ist sehr wichtig auch für die Preisgestaltung, dass es einerseits einen Wettbewerb gibt, und dass man auch Entscheidungsmöglichkeiten hat, unter welchen Anbietern man auswählen kann. Wir möchten mehrere Anbieter haben, so dass eine Wettbewerbssituation besteht, und der Käufer eine Entscheidungsmöglichkeit unter unterschiedlichen Anbietern hat, und darunter auch Huawei.
Auf der NVK-Tagung des vergangenen Jahres wurde ein neues Gesetz über Auslandsinvestitionen beschlossen, um die Interessen der ausländischen Investoren zu schützen. Wie schätzen Sie die Entwicklung des chinesischen Geschäftsumfelds in der letzten Zeit ein?
Dieses Gesetz ist wichtig, weil es für europäische Unternehmen die Möglichkeit geschaffen hat, in mehr Bereichen als vorher einzusteigen. Seit einem Jahr werden Verhandlungen geführt zwischen Europa und China über ein umfassendes Investitionsabkommen. Wir wollten, dass dieses umfassende Investitionsabkommen zwischen Europa und China heuer unterschrieben wird. Ich hoffe, dass trotz COVID-19 die Verhandlungen abgeschlossen werden können. Der Wunsch war, dass dieses Abkommen beim EU-China-Gipfel in Leipzig im September unterschrieben wird. Ich weiß nicht, ob das möglich ist, aber das war der Wunsch, und auch die Intention, und ich glaube, das wäre sehr wichtig, denn durch ein derartiges Abkommen könnte ein Level-Playing-Field hergestellt werden. Europäische Unternehmen, österreichische Unternehmen möchten die selben Bedingungen vorfinden, die chinesische Unternehmen in Europa haben. Ich glaube, das wäre sehr fair. Das ist auch das Ziel des umfassenden Investitionsabkommens.
Trotz der Pandemie hält die chinesische Regierung an ihrem ambitionierten Entwicklungsziel zur Beseitigung der absoluten Armut noch in diesem Jahr fest. Wie beurteilen Sie die Bemühungen zur Armutsbekämpfung Chinas in den letzten Jahrzehnten?
China hat sehr viel erreicht auf dem Gebiet der Armutsbekämpfung, da muss man China auch aufrichtig gratulieren. Ich glaube, es ist nicht vielen Ländern gelungen, in so kurzer Zeit so viele Menschen aus der ärgsten Armut herauszuführen. China ist es in 40 Jahren gelungen, von einem relativ armen Land zu einem Mitteleinkommensland aufzusteigen. Das ist eine großartige Leistung bei einem derartigen großen Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern. Das war einerseits nur möglich durch die harte Arbeit des chinesischen Volkes, die Leute arbeiten hier hart und viel, aber auch durch die Rahmenbedingungen der chinesischen Regierung. Es ist sehr wichtig für diesen Erfolg, dass sich China geöffnet hat. Deng Xiaoping gebührt großer Respekt für seinen Mut, China zu öffnen, aber auch für die Einführung der Marktwirtschaft. Ich glaube, ohne Marktöffnung und Einführung der Marktwirtschaft, ohne harte Arbeit des chinesischen Volkes und gute Rahmenbedingungen der Regierung, wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Wir wünschen der chinesischen Regierung, dass es gelingen wird, bis zum Ende dieses Jahres, alle Menschen aus der ärgsten Armut herausgeholt zu haben. Wie man sieht, ist es weiterhin ein großes Ziel, trotz COVID-19. Bei allen großen Reisen sagt Präsident Xi, dass an diesem Ziel festgehalten wird, egal was passiert. Wir hoffen, dass das Ziel umgesetzt werden kann.