Chinas Wirtschaft auf dem Weg der Erholung

Neue Statistiken stimmen optimistisch für Rest des Jahres Exklusiv

11.07.2022

von Oliver Eschke


Während die westlichen Medien sich während des Lockdowns in der Handels- und Finanzmetropole Shanghai scheinbar gegenseitig dabei übertreffen wollten, möglichst düstere Prognosen für die chinesische Wirtschaft aufzustellen, blieben chinesische Wirtschaftsexperten stets realistisch und objektiv – ohne die offensichtlichen Herausforderungen zu leugnen.


Mit der phasenweise heruntergefahrenen Produktion in Orten wie Changchun (u.a. Standort von FAW-VW) und dem stark gedrosselten Hafenbetrieb in Shanghai waren gewisse negative Implikationen für die Lieferketten unvermeidbar. Durch eine flexible Umgestaltung der Logistikwege und Produktionsprozesse konnte China diese Auswirkungen jedoch deutlich reduzieren und somit komplette Produktionsstopps verhindern. Im Gleichschritt mit den Erfolgen im Kampf gegen die Omikron-Welle wurde die Produktion zudem ab Mai bereits schrittweise wieder hochgefahren, je nachdem, wie es die lokale Epidemie-Situation erlaubte.



Die nun veröffentlichten Wirtschaftszahlen für das zweite Quartal sind als Ergebnis dieser flexiblen Reaktion auf die schwierige Lage zu verstehen.


So konnten große Industrieunternehmen – d.h. mit einem Umsatz von mindestens 20 Millionen Yuan - im Mai bereits wieder einen Umsatzwachstum von 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Auch der Gewinnrückgang fiel deutlich geringer aus als noch im April. Im Gesamtzeitraum Januar bis Mai waren die Gewinne im Jahresvergleich sogar leicht gestiegen. Der Autohersteller SAIC Motor aus Shanghai gab Ende Juni bekannt, dass er mit circa 13.000 produzierten Autos pro Tag bereits wieder das Niveau vor März, also vor den Einschränkungen, erreicht habe. Der US-Autoriese Tesla berichtete ebenfalls von einer Rückkehr seiner „Gigafactory“ in Shanghai zum normalen Produktionsvolumen seit Anfang Juni.


Deutlich wird diese Aufschwungsstimmung auch mit einem Blick auf den Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe. Erstmals seit Februar lag dieser im Juni mit 50,2 wieder im expansiven Bereich. Eine vierteljährlich von der Zentralbank durchgeführte Umfrage unter 5000 chinesischen Unternehmen ergab zudem, dass auch der Rentabilitätsindex im zweiten Quartal mit 51,2 Prozent wieder im Expansionsbereich lag – nachdem er im ersten Quartal noch unter 50 Punkte gelegen hatte.


Weitere Herausforderungen warten, sind aber zu bewältigen 


Von den strikten Epidemiepräventions- und -kontrollmaßnahmen ist vor allem Chinas Flugbranche stets stark betroffen. Auch hier konnte im Juni eine deutliche Erholung gemeldet werden. So seien vom 24. bis 26. Juni täglich bereits wieder fast 10.000 Flüge durchgeführt worden, im Vergleich zu 6500 am Anfang des Monats, gab die Zivilluftfahrtbehörde bekannt.


Eines der Geheimnisse für diese Erfolge ist die gezielte Unterstützung der Zentral- und Lokalregierungen. Anstatt pauschale Unterstützungsmaßnahmen für den Gesamtmarkt zu gewähren, hat China stets den Ansatz bevorzugt, individuell angepasste Maßnahmen für einzelne Sektoren durchzuführen. Ein Beispiel für diesen Ansatz ist das Ende Mai vom Staatsrat unter Leitung von Chinas Ministerpräsident Li Keqiang verabschiedete Konjunkturpaket, das aus 33 verschiedenen Maßnahmen besteht.  Dazu gehören beispielsweise Infrastrukturinvestitionen, Erleichterungen bei der Kreditvergabe, Steuersenkungen sowie Konsumanreize etwa für den Kauf von Autos und Haushaltsgeräten. Die Entlastungen, die sich aus den Steuer- und Gebührensenkungen ergeben, sollen dieses Jahr laut Angaben der Steuerbehörde bereits 2,58 Billionen Yuan (rund 360 Milliarden Euro) betragen. Davon profitieren vor allem kleinere und mittlere Unternehmen (KMU).


Der chinesischen Führung ist durchaus bewusst, dass sie den inländischen Konsum fördern muss, um die Wachstumsziele zu erreichen. Ein wichtiges Ventil dafür ist der E-Commerce-Sektor samt der gesamten Plattformökonomie. Alibaba und Co. wurden daher dazu ermutigt, die Konsumlaune mit unterschiedlichsten Rabattaktionen zu beflügeln.


Ein Blick auf die geopolitische Lage lässt unschwer erkennen, dass auch das zweite Halbjahr von Herausforderungen geprägt sein wird. Zu schwer wiegen die weltweite Inflation, der Russland-Ukraine-Konflikt sowie die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie. Doch die nun veröffentlichten Zahlen stimmen zuversichtlich, dass Chinas Wirtschaft resilient genug ist und stets die richtigen Antworten auf solche Probleme finden wird.


Während die Verbraucherpreise im Mai 2022 in Deutschland um 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in der gesamten Eurozone um 8,1 Prozent und in den USA sogar um 8,6 Prozent anzogen und damit seit Jahrzehnten nicht erreichte Rekorde brachen (das Inflationsziel der EZB liegt bei 2 Prozent), blieb der vergleichbare Wert in China auf einem niedrigen Niveau. Um lediglich 2,1 Prozent stieg der „Consumer Price Index“, was Experten maßgeblich auf die im Vergleich zum Westen moderate Geldpolitik zurückführen. Anstatt grenzenlos Geld zu drucken und damit die Preise in die Höhe zu treiben, hat Chinas Führung auf vielfältige Maßnahmen gesetzt und damit Erfolg gehabt. Daher hat das Land viel Raum für makropolitische Unterstützung und ausreichende politische Instrumente in Reserve, um das Wachstum zu stützen.


Es ist daher keinesfalls erstaunlich, dass Chinas oberste Wirtschaftsplanungsbehörde (NDRC) auf einer Pressekonferenz jüngst noch betont hat, das Land sei voll und ganz zuversichtlich, die Herausforderungen im Wirtschaftsbetrieb meistern zu können und eine stabile, gesunde und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu gewährleisten.


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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: China,Wirtschaft,Erholung,Statistiken