Chinas Wirtschaft ist widerstandsfähig

Experte erwartet Wachstum in der zweiten Jahreshälfte Exklusiv

20.07.2022

von Liang Chen


In diesem Jahr haben wiederholte Virusausbrüche und unerwartete Veränderungen des externen Umfelds die chinesische Wirtschaft vor zahlreiche Herausforderungen gestellt. Aber vor dem Hintergrund der effektiven Kontrolle der Seuchensituation, zeigt sich Xu Hongcai (stellvertretender Leiter der Abteilung für Wirtschaftspolitik bei der China Association of Policy Science) optimistisch, dass sich Chinas Wirtschaft im zweiten Halbjahr trotz des weiterhin großen Drucks erholen und weiteres Wachstum erleben wird.


Politik legt höchste Priorität auf „Stabilität“


„Im diesjährigen Arbeitsbericht der Regierung heißt es, die wichtigsten Aspekte für die ‚Sechsfache Stabilisierung‘ und ‚Sechsfache Gewährleistung‘ sind die Unterstützung der Marktteilnehmer, um die Marktaktivitäten zu fördern und so ein ausreichendes Beschäftigungsniveau zu gewährleisten. Um stabile Marktteilnehmer zu gewährleisten, ist die anhaltende Seuchenprävention und -bekämpfung eine wichtige Prämisse. Wir müssen den institutionellen Mechanismus der Seuchenprävention und -bekämpfung deshalb optimieren und zudem eine reibungslos funktionierende Versorgungskette schaffen. Auf diese Weise gehen wir den Kern des Problems an", erklärte Xu Hongcai. 


Ein Mitarbeiter arbeitet am 17. November 2019 in einem Maschinenbauunternehmen in Tangshan in der Provinz Hebei.


Die Wirkung der Gewährleistung der Produktion und der Unterstützung der Marktteilnehmer zeichne sich allmählich bereits ab: Von Januar bis Mai konnte man ein deutliches Gewinnwachstum der großen Industrieunternehmen – d.h. mit einem Umsatz von mindestens 20 Millionen Yuan - beobachten. Damit würden sie deutliche Anzeichen einer Stabilisierung zeigen.


„Aktuell ist die Grundlage für die Erholung der Industrieunternehmen aber noch nicht gefestigt, und die Erholung der verschiedenen Industriezweige verläuft noch ungleichmäßig und unkoordiniert. Der Kostendruck auf Privatunternehmen und kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) im mittleren und unteren Bereich der industriellen Kette bleibt weiterhin hoch. Daher ist es sehr wichtig, das Vertrauen der Marktteilnehmer weiter zu stärken", machte Xu klar.


Im Mai hatte Chinas Staatsrat ein Konjunkturpaket mit 33 Maßnahmen vorgestellt, das unter anderem eine Erhöhung der Steuerrückerstattungen um mehr als 140 Milliarden Yuan vorsieht, wodurch die Steuerrückerstattungen und -senkungen in diesem Jahr auf insgesamt 2,64 Billionen Yuan ansteigen. Für kleine, mittlere und Kleinstunternehmen, Einzelunternehmer und Unternehmen aus fünf besonders hart getroffenen Branchen wurde darüber hinaus die Politik der Stundung von drei Sozialversicherungsbeiträgen (z.B. Rentenzahlungen) bis zum Ende des Jahres verlängert. Außerdem wurden diese Maßnahmen auf noch mehr Branchen ausgeweitet. Für das Gesamtjahr ergeben sich für die Unternehmen dadurch voraussichtlich Einsparungen von 320 Milliarden Yuan.


Xu betonte, dass all diese Initiativen den Unternehmen dabei helfen würden, Kosten zu senken und ihre individuellen Schwierigkeiten zu überwinden. Man könne deshalb sagen, dass es sich dabei um wirksame Maßnahmen zur Unterstützung der Marktteilnehmer und zur Steigerung der Beschäftigungsquote handelt. Da die Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft auch weiterhin Wirkung zeigen, dürfte sich die Erholung der chinesischen Industriewirtschaft im dritten Quartal dieses Jahres weiter beschleunigen.


Erholung der chinesischen Wirtschaft im zweiten Halbjahr erwartet 


Nach Xus Analyse wird sich die chinesische Wirtschaft trotz der vielfältigen Herausforderungen voraussichtlich weiter erholen. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) könnte sich entsprechend im dritten und vierten Quartal stabilisieren und wieder ansteigen und im Laufe des Jahres somit einen V-förmigen Trend aufweisen. Die Gründe dafür sind vielfältig.


Erstens gibt es immer noch Potenzial für einen Anstieg des Konsums. Chinas Pro-Kopf-BIP hat mittlerweile die Marke von 12.000 US-Dollar überschritten, und die vielfältige und qualitativ hochwertigere Verbrauchernachfrage wird in Zukunft noch weiter steigen, was viele neue Industrien und Dienstleistungen hervorbringen wird. Dadurch werden sich wiederum neue Investitionsmöglichkeiten ergeben.


Zweitens wurde die Struktur des Außenhandels kontinuierlich optimiert. In den vergangenen zwei Jahren haben Chinas Exporte die von der Pandemie getrübten Markterwartungen wiederholt übertroffen und sich zu einem wichtigen Motor des Wirtschaftswachstums entwickelt. Selbst in der ersten Jahreshälfte übertrafen die Exporte weiterhin die Erwartungen. Laut Statistiken der Allgemeinen Zollverwaltung belief sich der Gesamtwert der chinesischen Warenein- und -ausfuhren in der ersten Jahreshälfte auf 19,8 Billionen Yuan – das sind 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Davon entfielen 11,14 Billionen Yuan auf die Exporte, was einen Anstieg um 13,2 Prozent darstellt.


Darüber hinaus wurde auch die Industriestruktur weiter aufgewertet. Insbesondere die Entwicklung der chinesischen Digitalwirtschaft ist in diesem Kontext zu nennen. Digitale Technologien werden mittlerweile verstärkt auch in traditionellen Branchen angewendet – vom intelligenten („smart“) Transportwesen und intelligenten Städten bis hin zur intelligenten Altenpflege, Gesundheitswesen oder Kultur. Die vermehrte Nutzung digitaler Technologien wird voraussichtlich entscheidend dazu beitragen, die Wirtschaft wieder voranzutreiben.


Xu Hongcai sagt angesichts dieser Entwicklungen voraus: „Chinas Maßnahmen zur Stabilisierung des Binnenwachstums gewinnen in der zweiten Jahreshälfte weiter an Schwung, und die Wirtschaft erholt sich zunehmend. Da die effiziente Koordinierung von Epidemieprävention und -bekämpfung sowie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung weiterhin Erfolge zeigen und die makroökonomische Politik ihre Wirkung weiter entfalten wird, bin ich der Ansicht, dass eine Stabilisierung der Gesamtwirtschaft möglich ist. Daher erwarte ich für Chinas Wirtschaft eine Erholung und ein weiter anhaltendes Wachstum."

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: China,Wirtschaft,zweite Jahreshälfte