Besuch ganz oben
Ein hautnaher Eindruck von Tibets beeindruckender Entwicklung Exklusiv
von Oliver Eschke
Wegen der Lage auf über 3.500 Meter Höhe und der dadurch bedingten verkehrstechnischen Abgeschiedenheit haftet Tibet etwas Mystisches an. Fast erscheint dieses „Dach der Welt“ zu hoch, um es jemals erreichen zu können. Dank der kontinuierlichen Unterstützung aus Beijing und der Einsatzbereitschaft der Menschen vor Ort ist das jedoch mittlerweile gar nicht mehr der Fall. Daher konnte ich im Mai ein hautnaher Zeuge der erstaunlichen Entwicklung Tibets werden.
Tibet zu besuchen war schon lange ein großes Ziel für mich und spätestens, nachdem vor fast zwei Jahren ein Freund mit leuchtenden Augen von seinem Trip in die Hochebene berichtete, stand mein Entschluss endgültig fest.
Etwas Vorbereitung und Anreise
Nach dem Wegfallen der innerchinesischen Reisebeschränkungen wegen der COVID-19-Pandemie ist es nun – auch als Ausländer - wieder problemlos möglich, das Hochplateau zu besuchen. Dafür muss man lediglich mit einer Vorlaufzeit von etwa zwei bis drei Wochen eine darauf spezialisierten Reiseagenturen kontaktieren, um rechtzeitig die benötigte Einreiseerlaubnis zu bekommen. Mittlerweile gibt es ein reiches Angebot an verschiedenen Tibet-Touren. Wir entschieden uns für einen 4-tägigen Trip, der uns neben Lhasa auch zum nahe gelegenen Yamdrok-See führen würde.
Obgleich es auch einige wenige Direktverbindungen von den Städten an der Ostküste gibt, bietet es sich aus finanziellen Überlegungen an, über Chengdu, Chongqing oder Xining (Qinghai) zu fliegen. Extreme Abenteurer können seit 2006 auch Zug „Z21“ wählen, der sie in etwa 40 Stunden von Beijing nach Lhasa befördern wird. Zwar erscheint eine solch lange Fahrzeit auf den ersten Blick sehr herausfordernd, allerdings bietet sie den Vorteil, dass man sich bei diesem stetigen und langsamen Voranschreiten auf die nächst höhere Ebene besser an die Höhenluft gewöhnen kann. Wir überbrückten die circa 3.500 Meter Differenz von Beijing bis Lhasa per Flugzeug in wenigen Stunden und hatten so am ersten Abend durchaus mit Symptomen der gefürchteten Höhenkrankheit zu kämpfen. Die erfahrenen Reiseleiter vor Ort sind jedoch bereits bestens darauf vorbereitet und helfen mit guten Ratschlägen und im Notfall auch mit extra Sauerstoffflaschen.
Moderne und Einheit
Nachdem wir in Lhasa angekommen waren und uns ein wenig an den knappen Sauerstoffgehalt gewöhnt hatten, erkundeten wir abends die Altstadt, die perfekt die lange Geschichte Tibets, zum Beispiel repräsentiert durch den Jongkhar-Tempel, mit den Attributen einer modernen Stadt vereint – Restaurants, Bars und Cafés. Überrascht stellten wir fest, dass es auch in Lhasa völlig normal ist, über die gewohnte Handy-App bequem ein Taxi zu bestellen oder sich geliefertes Essen bringen zu lassen. Die unaufhörliche Unterstützung aus Beijing in den letzten Jahrzehnten ist tatsächlich von großem Erfolg gekrönt. Die Worte, die Wang Junzheng, Sekretär des Regionalkomitees der Kommunistischen Partei Chinas für Tibet, am 23. Mai auf dem vom Staatsrat und der Lokalregierung Tibets organisierten „Chinesischen Forum über die Entwicklung Tibets 2023“ gewählt hatte, entsprachen genau dem, was wir vor Ort beobachten konnten: Nach über 70 Jahren Entwicklung wird der Welt nun „ein neues, modernes, sozialistisches Tibet“ präsentiert.
Für mich persönlich waren diese Worte in diesem Augenblick besonders eindringlich, weil ich erst wenige Wochen zuvor selbst Zeuge davon werden konnte, wie gut sich Tibet mittlerweile entwickelt hat. Chinas Staatspräsident Xi Jinping schickte ein Grußschreiben an das Forum, in dem er betonte: „Das Glück der Menschen ist das höchste Menschenrecht, und die Entwicklung ist der Schlüssel zu einem besseren Leben für die Menschen.“ Das erinnerte mich sofort an die vielen Gespräche, die ich mit den Taxifahrern, Kellnern und Shop-Betreibern in Lhasa führen konnte. Alle sprachen davon, wie sich das Leben in Lhasa in den letzten Jahren direkt vor ihren Augen stetig verbessert habe.