Deutschland-China-Austausch
Ein gemeinsames Konzert würde uns guttun Exklusiv
Von Elke Lütke-Entrup aus Beijing
Prof. Dr. Peter Merker hat 40 Jahre China-Erfahrung und lebt mit seiner chinesischen Frau in Beijing und im benachbartem Zhangjiakou, dem Austragungsort der olympischen Winterspiele 2022. Mit seinen drei deutsch-chinesischen Rock-Bands und zahlreichen privaten und geschäftlichen Engagements setzt er sich für gute deutsch-chinesische Beziehungen ein. Welche Voraussetzungen und Schritte seiner Meinung nach dazu notwendig sind, erklärt er im Interview mit China.org.cn.
Peter Merker reist für seine Auftritte quer durch China, hier ist er in Guyuan, einer Stadt im Autonomen Gebiet Ningxia der Hui-Nationalität, zu sehen.
China.org.cn: Herr Prof. Merker, Sie sagten einmal, dass Sie mit ihren deutsch-chinesischen Rock-Bands die Kulturen zusammenführen wollen. Wie könnte das funktionieren?
Prof. Peter Merker: Musik ist auf besondere Weise geeignet, Brücken zwischen Menschen zu bauen und bei unterschiedlichen Völkern und Kulturen das Interesse füreinander zu wecken. Meine Musikplattform mit drei eigenen Bands sowie Musikkooperationen, Aufnahmestudios und einer Video-Produktionsfirma habe ich vor mehr als 20 Jahren ins Leben gerufen und neben meinen hauptberuflichen Verpflichtungen gleichrangig betrieben. Das Musikprojekt versteht sich als Cross-over Genre-Mix, wo Ausländer und Chinesen gleichberechtigt in kreativer Symbiose vereint sind. Das Projekt war von Anbeginn als nicht kommerzieller kultureller Brückenschlag im Konnex des deutsch-chinesischen Austausches konzipiert. Bei chinesischen Coverversionen deutscher Hits greifen wir oft auf bekannte Stücke aus der Neuen Deutschen Welle, wie „Skandal im Sperrbezirk“, zurück, die auch das deutsche Publikum kennt und leicht mitsingen kann. Im nächsten Schritt werden wir versuchen, chinesische Musik stärker nach Deutschland zu tragen.
Was war ihr schönstes Erlebnis?
Da fallen mir gleich mehrere ein: Die jährlichen Auftritte beim Openair-Festival im Grasland von Zhangbei. Unsere Cheatles-Tournee (die chinesischen Beatles mit Mandarin-Texten). Konzerte an der Großen Mauer mit Musikern von Jethro Tull, Cream, Manfred Man und Lang Lang am Piano. Unser Konzert auf dem Bierfest in Qingdao im Jahr 2004. Wir spielten in einem Stadion vor 70.000 Menschen mit westlichen Bands und chinesischen Größen wie Jacky Cheung and Xu Wei. So ein Konzert würde uns heute wieder guttun – wo Größen von beiden Ländern zusammenkommen und Begeisterung da ist.
Peter Merker spielt mit seiner Band auf zahlreichen Veranstaltungen an historischen Orten, hier auf der Großen Mauer.
Wie sehen Sie als langjähriger China-Erfahrener die Beziehungen zwischen Deutschland und China?
Unsere beiden Volkswirtschaften sind eng miteinander verzahnt. Sie haben im Zuge der arbeitsteiligen Globalisierung stark profitieren können und lassen sich nicht ohne Weiteres durch politische Dissonanzen auseinander dividieren. Auch auf den Feldern von Ausbildung, Forschung und Kultur sowie auf privater Ebene sind in den vergangenen Jahrzehnten zwischen Deutschland und China viele Beziehungen gewachsen. Das Wissen über den jeweils anderen hat bei den involvierten Personen und Institutionen zugenommen. Dies war kein gradliniger Prozess. In den 1980/90er Jahren blieb das Deutschlandbild auf chinesischer Seite zu jener Zeit rudimentär auf wenige Stereotypen begrenzt. Dies hat sich mittlerweile geändert: es ist möglich, sich mit Chinesen differenziert über Deutschland auszutauschen. Sprachlich haben die mit China befassten Deutschen inzwischen etwas aufgeholt. Noch in den 90er Jahren konnte man nicht voraussetzen, dass Deutsche in der Wirtschaft Chinesisch sprechen. Jetzt werden viele mittelständische Unternehmen in China von Personen geführt, welche gute Sprachkenntnisse besitzen. Für einen Brückenschlag sind auf beiden Seiten genug Leute da.
Wie bewerten Sie die Rolle der Medien?
Die Themenauswahl der deutschen Leitmedien entspricht im Moment nicht der Vielfalt dessen, was betrachtet werden könnte und müsste. Angesichts der weltweiten Krisen und Herausforderungen brauchen wir jedoch keine einseitigen Schuldzuweisungen, sondern eine fruchtbare Diskussion. Verbal „abzurüsten“, ohne den eigenen Standpunkt über Bord zu werfen, das wäre sinnvoller. Wenn sich auf beiden Seiten die Lager einschießen und jeder immer nur glaubt, recht zu haben, dann ist es kein Dialog mehr. Deutschland definiert sich als demokratisch pluralistische Gesellschaft, da sollte man auch die positiven Seiten von China erwähnen dürfen.