Gastbeitrag in der „Foreign Affairs“
Scholz spricht sich gegen unnötige Abgrenzung von China aus
Während viele glauben, dass die internationale Ordnung am Rande einer Ära der Polarisierung steht oder dass ein Kalter Krieg droht, bekräftigte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz in einem offenen Leitartikel seine Position, dass der Aufstieg Chinas es nicht rechtfertige, Beijing zu isolieren oder die Zusammenarbeit einzuschränken.
Obwohl Scholz sich in der Foreign Affairs besorgt über die wachsende Unsicherheit im Südchinesischen Meer und in der Straße von Taiwan äußerte, werten chinesische Experten seine Aussage als allgemein objektiv und pragmatisch. Sie merkten an, dass die wichtigere Rolle von Scholz’ Äußerungen darin bestehe, Europa und sogar die ganze Welt anzuleiten, die Chancen, die der Aufstieg Chinas mit sich bringe, nicht zu verkennen.
Scholz bekräftigte in dem Artikel, dass die Welt vor einer „Zeitenwende“ stehe, in der neue Mächte aufgetaucht oder wieder aufgetaucht seien, darunter ein „wirtschaftlich starkes und politisch selbstbewusstes China.“
Der Aufstieg Chinas sei weder ein Grund, das Land zu isolieren, noch ein Vorwand, die Zusammenarbeit mit China einzuschränken, schrieb Scholz und fügte hinzu, er stimme nicht mit der Vorstellung überein, dass die Welt in einen neuen Kalten Krieg zwischen China und den USA eintreten werde.
Als Reaktion auf den Artikel von Scholz sagte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, auf der routinemäßigen Pressekonferenz am Dienstag, Chinas Außenpolitik stehe für Weltfrieden und gemeinsame Entwicklung. China zu isolieren und die Zusammenarbeit mit dem Land einzuschränken, sei in niemandes Interesse.
China habe sich fest in die Weltwirtschaft und das internationale System integriert. Die Welt werde nicht zu den Tagen der gegenseitigen Abschottung und Teilung zurückkehren. Es sei für kein Land möglich, hinter verschlossenen Türen zu gedeihen. Das Drängen auf Abkopplung und Unterbrechung von Industrie- und Versorgungsketten und das Errichten von „kleinen Höfen mit hohen Zäunen“ nütze niemandem und werde sich letztlich rächen, so Mao.
Anfang November stattete Scholz Beijing einen kurzen, aber bedeutsamen Besuch ab, bei dem er sich auf einen verstärkten Dialog und eine engere Zusammenarbeit einigte und bekräftigte, dass er Abkopplung und Blockkonfrontation ablehne. Als erster europäischer Regierungschef, der China nach dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas besuchte, und als erster G7-Chef, der das Land seit dem Ausbruch von Covid-19 besuchte, sah sich Scholz zu diesem Zeitpunkt dem zunehmenden Druck einiger deutscher und europäischer Politiker ausgesetzt, insbesondere aus Washington.
Scholz’ Äußerungen in dem amerikanischen Mainstream-Magazin bekräftigten erneut die Position und Haltung Deutschlands als Regionalmacht, das bedeutet, dass die deutsche Regierung die Interessen ihrer Bürger und Unternehmen schützt, anstatt der amerikanischen Politik gegenüber China blindlings hinterherzulaufen. Seine Äußerungen hätten eine breite politische und soziale Basis in der deutschen Gesellschaft, sagte Sun Keqin, Forschungsstipendiat des China Institutes of Contemporary International Relations, am Dienstag der Global Times.