Für Deutschland

Risiko aus Amerika, Sicherheit aus China Exklusiv

05.09.2023

von Wang Ran, Beijing

Die im Juli veröffentliche „China-Strategie“ von der Bundesregierung machte klar, dass Deutschland zwar keine Abkopplung (De-Coupling) von China anstrebt, aber eine Risikominderung (De-Risking) für notwendig erachtet. Obwohl De-Risking sich milder anhört, sind die beiden Konzepte in der Realität weitgehend identisch – eine Verringerung der Verflechtung mit China. Das so genannte „Risiko“ ist auch eine Rhetorik, mit der man die Wirtschaftskooperationen unter dem Vorwand der „nationalen Sicherheit“ politisieren will.

(Foto von VCG)

Missbrauch des Begriffs „Risiko“ stellt selbst ein Risiko dar

Für viele chinesische Experten ist die aktuelle „China-Strategie“ nichts anderes als eine Erweiterung der nationalen Sicherheitsstrategie Deutschlands. Diese Auffassung ist durchaus plausibel, weil das Wort „Sicherheit“ in dem Papier 78 Mal vorkommt. Dass die Bundesrepublik so großen Wert auf Sicherheit legt, hat viel mit der Eskalation der Ukraine-Krise zu tun. Eine der Lehren, die die Bundesregierung daraus gezogen hat, lautet: Eine hohe Abhängigkeit der Energieversorgung von einem anderen Land (in diesem Fall von Russland) bedeute zwangsläufig ein großes Sicherheitsrisiko, insbesondere wenn es zu einer geopolitischen Konfrontation komme.

Allerdings unterscheiden sich die chinesisch-deutschen Beziehungen von den russisch-deutschen grundlegend. Obwohl China und Deutschland sowie Europa in Hinsicht auf Geschichte, Kultur, Entwicklungsstand oder Ideologie verschieden sind, bestehen zwischen den beiden Seiten keine grundlegenden Diskrepanzen, sondern gemeinsame Interessen und eine langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit. Die sogenannte „systemische Rivalität“ und die vermeintliche „China-Bedrohung“ basieren lediglich auf der Mentalität des Kalten Krieges und der ideologischen Voreingenommenheit. Ein solches Denken widerspricht jedoch den langfristigen Interessen von China und Europa.

Ein chinesisches Sprichwort besagt: Wer einmal von einer Schlange gebissen wurde, hat zehn Jahre lang Angst vor jedem Seil am Brunnen. Das spiegelt eine Situation wider, bei der man übertrieben vorsichtig ist. Gerade Deutschland übertreibt jetzt wegen der Ukraine-Krise fast alle Sicherheitsfragen und sieht in dieser Mentalität auch die normale Zusammenarbeit mit China als „Risiko“ an. Für die Volksrepublik ist diese Gangart, wie sie die chinesische Botschaft in Berlin nennt, eine Art von „Versicherheitlichung“, was auf Deutsch so viel bedeutet wie die Pauschalisierung aller Fragen als Sicherheitsprobleme.

Mit diesem Begriff wird ursprünglichein Trick der USA bezeichnet. Washington benutzt oft den Deckmantel der „nationalen Sicherheit“, um Sanktionen gegen andere Länder oder Unternehmen zu verhängen. Das Ziel dieses Vorgehen ist es, die eigene Hegemonie zu erhalten. Statistiken zufolge hatten die Trump-Regierung (2016-2020) mehr als 3.900 Sanktionen verhängt, von denen auch China betroffen war. Seit dem Amtsantritt von Joe Biden hat sich die Konfrontation zwischen China und den USA immer weiter verschärft. Der Begriff der „nationalen Sicherheit“ wird also immer wieder ins Spiel gebracht, solange die USA die Entwicklung der chinesischen Unternehmen eindämmen wollen. In den vergangenen fünf Jahren sind mehr als 600 chinesische Unternehmen auf die „Entity List“ (Schwarze Liste) der USA gesetzt worden. Außerdem haben die Vereinigten Staaten immer wieder versucht, auch ihre Verbündeten dazu zu überreden, Chinas Entwicklung einzudämmen. Unter ihrem Einfluss haben die Niederlande und Japan Exportbeschränkungen für Chips eingeführt, die dazu beitragen können, Chinas Chipindustrie zu beeinträchtigen.

Deutschland ist inzwischen auch mehr oder weniger von seinem Verbündeten auf der anderen Seite des Atlantiks dazu bewegt worden. Zwar will die Bundesrepublik die pragmatische Zusammenarbeit mit China eigentlich fortsetzen. Wegen der ideologischen Unterschiede macht sich das Land aber mehr Sorgen darüber, dass die Sicherheit der deutschen Industriekette im Falle eines „Bruchs“ mit China gefährdet würde. In der „China-Strategie“ steht zum Beispiel, dass im Dreiklang „Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale“ für China die Elemente der Rivalität und des Wettbewerbs deutlich zugenommen haben. Der Missbrauch der „nationalen Sicherheit“ für Wirtschaftsfragen, der von der ideologischen Voreingenommenheit geprägt ist, schadet jedoch nur den normalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern.

1  2  3  >  


Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Abkopplung,Risiko,Deutschland,USA