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Frage 4-5: Man hört, dass China nach und nach Unterlagen seiner diplomatischen Aktivitäten öffentlich bekannt geben will. Wie viele diplomatische Akten wurden bisher der Öffentlichkeit zugänglich gemacht? Um was handelt es sich da hauptsächlich?
Das chinesische Außenministerium hat diplomatische Dokumente aus der Zeit von 1956 bis 1960 öffentlich gemacht. Bild: Leseraum für diese Dokumente im Außenministerium
Antwort: Da es keine Erfahrungen mit der Veröffentlichung diplomatischer Akten gibt, gehen wir in dieser Angelegenheit sehr behutsam vor. Nachdem das Außenministerium 1999 eine Abteilung zur Prüfung und Bekanntgabe dieser Akten schuf, dauerte es fünf Jahre, bis die ersten Akten am 16. Januar 2004 an die Öffentlichkeit gebracht wurden. Es handelte sich dabei um diplomatische Vorgänge aus den Jahren von 1949 bis 1955. Am 10. Mai 2005 wurden weitere 25 651 Akten mit insgesamt 59 345 Seiten aus der Zeit von 1956 bis 1960 veröffentlicht. Dazu gehören vor allem verschiedene Ersuche, Anweisungen, Berichte, Gesprächsprotokolle, Telegrammwechsel, Noten, Memoranden und andere diplomatische Korrespondenzen, die hauptsächlich die Prinzipien und Standpunkte Chinas in der bi- oder multilateralen Außenpolitik und Beziehungen zum Ausland in den mittleren und späten 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts beinhalten.
Die veröffentlichten Akten machen 60% aller diplomatischen Akten der Jahre zwischen 1956 und 1960 aus. Dieser Prozentsatz ist doppelt so hoch wie bei den erstmals veröffentlichten Akten vom Januar 2004. Im Vergleich zu anderen Ländern ist das ein hoher Prozentsatz. Bei den noch nicht veröffentlichten Akten aus dem entsprechenden Zeitraum werden vier Prinzipien befolgt: Erstens müssen die Interessen der Landessicherheit gewahrt werden, dazu gehören z. B. Fragen der Landesverteidigung oder die Quellen bestimmter Informationen. Zweitens darf eine Veröffentlichung nicht den Persönlichkeitsrechten einzelner Bürger zuwiderlaufen. Drittens dürfen die Beziehungen zwischen China und anderen Staaten nicht beeinträchtigt werden. Viertens dürfen keine Akten öffentlich gemacht werden, deren vertrauliche Behandlung eine andere Seite gefordert hat. Dies ist die international herrschende Praxis.
Die Abteilung, in der man die offengelegten Akten lesen kann, liegt im 6. Stock des südlichen Gebäudeteils des Außenministeriums. Jeder in- und ausländische Bürger, der sich mit seinem Personalausweis oder Pass legitimiert, darf das Außenministerium betreten, um die wertvollen diplomatischen Akten zu lesen. Weil im Leseraum aber gegenwärtig maximal nur neun Personen arbeiten können, müssen sich Interessenten voranmelden. Besucher dürfen sich beim Lesen Notizen machen, ein Notebook oder ein Tonbandgerät benutzen. Untersagt ist lediglich eine direkte Fotografie, weil damit der ursprüngliche Zustand einer Akte bekannt würde. Will man die Akten kopieren, muss ein Antragsformular ausgefüllt werden. Nach der Genehmigung ist das Kopieren erlaubt.
Es entspricht einer allgemeinen Tendenz, diplomatische Akten öffentlich zu machen. China hat einen Teil seiner diplomatischen Akten in die Öffentlichkeit gebracht, um den Bürgern das Recht auf Information zu gewähren. Zugleich zeigt China damit sein Bestreben, sich internationalen Gepflogenheiten anzuschließen. Bisher wurden vom chinesischen Außenministerium insgesamt 35 238 Akten öffentlich gemacht. Künftig soll alle zwei Jahre ein Teil der diplomatischen Akten an die Öffentlichkeit gebracht werden. Laut Plan sind als nächste die Akten von 1961 bis 1965 vorgesehen. Außerdem hat das Archiv des Außenministeriums gute Verbindungen zu den Archiven der Außenministerien und Forschungsabteilungen anderer Staaten, um Dokumente und Forschungsergebnisse auszutauschen. Das wird auch dazu beitragen, die Bekanntgabe diplomatischer Akten Chinas zu beschleunigen.