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Frage 6-12: Stellt es für die Länder und Unternehmen nicht eine Bedrohung dar, wenn China durch Investitionen den ausländischen Markt zu besetzen versucht? Kann China dadurch zu einem großen Investor werden?
Antwort: Es ist richtig, dass die Übernahmen ausländischer Firmen durch chinesische Unternehmen in den vergangenen Jahren große Aufmerksamkeit auf sich gelenkt haben. Diese Übernahmen machten Schlagzeilen in den wichtigen Medien der entwickelten Länder. Dadurch kann man sicher den Eindruck bekommen, dass China zu einem großen Investor geworden ist und das Land über eine große finanzielle Kraft verfügt, die in der ganzen Welt zu investieren wäre. Tatsache ist jedoch, dass es bei den Meldungen über die Übernahmen eher um Übertreibung und Stimmungsmacherei geht.
Das internationale Kriterium, um ein Land als großen Investor festzulegen, liegt in dem Verhältnis zwischen dem angezogenen ausländischen Kapital und dem ins Ausland investierten Kapital. Dieses Verhältnis liegt bei den entwickelten Ländern derzeit im Durchschnitt zwischen 1 zu 1,2 bis 1,4. Das heißt, ein entwickeltes Land investiert in einem Jahr 120 bis 140 Millionen US-Dollar im Ausland, wenn es in einem Jahr ausländische Investition in Höhe von 100 Millionen US-Dollar anzieht. Das Verhältnis bei den Entwicklungsländern liegt zwischen 1 zu 0,2 bis 0,4. In den mehr als 20 Jahren zwischen der Einführung der Politik der Reform und Außenöffnung im Jahre 1978 hat China insgesamt 51,7 Milliarden US-Dollar ins Ausland investiert. Diese Summe entspricht jedoch beispielsweise nur der Jahresinvestition von Deutschland oder Frankreich ins Ausland. Im Jahre 2005 haben die chinesischen Investitionen ins Ausland mit 6,92 Milliarden US-Dollar den bisher höchsten Stand erreicht. Im gleichen Jahr hat China ausländische Investitionen in Höhe von 60,5 Milliarden US-Dollar genutzt. Das Verhältnis Chinas zwischen angezogenen ausländischen Investitionen und Investitionen ins Ausland erreicht somit nicht den durchschnittlichen Stand der Entwicklungsländer. Es kann daher noch lange nicht die Rede davon sein, dass China zu einem großen Investor wird. Die Behauptung, dass China durch Investitionen den ausländischen Markt erobert oder für die Sicherheit anderer Länder oder ausländischen Unternehmen eine Bedrohungen darstellt, entbehrt daher jeder Grundlage.
Im Prozess der Globalisierung und der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung in China entscheiden sich immer mehr chinesische Unternehmen dazu, ihre Geschäfte ins Ausland auszudehnen. Die betreffende Investitionssumme hat sich somit schnell erhöht. Die Wachstumsrate der chinesischen Investitionen ins Ausland betrug im Zeitraum zwischen 2001 und 2005 jeweils 26 Prozent, 25 Prozent, 110 Prozent, 78 Prozent und 80 Prozent. Die Investitionen Chinas ins Ausland stiegen also schnell. Im Jahr 2006 haben chinesische Unternehmen 16,13 Milliarden US-Dollar direkt ins Ausland investiert, 31,6 Prozent mehr als im Jahre 2005. Bis Ende 2006 haben chinesische Unternehmen insgesamt 73,33 Milliarden US-Dollar direkt ins Ausland investiert. Man hat außerhalb Chinas ungefähr 10.000 Betriebe mit chinesischem Kapital errichtet. Dabei werden die Investitionsfelder immer vielfältiger. Das Spektrum reicht von Exporthandel, Gastronomie, einfacher Verarbeitung, Marketing, Schiffahrt, Logistik, Erschließung von Naturressourcen und Herstellung bis zu Design und Entwicklung. Chinesische Unternehmen investieren nicht nur, wie in den ersten Jahren, in entwickelten Regionen wie Europa, Nordamerika, Hongkong und Macao, sondern auch in Regionen wie Asien-Pazifik, Afrika und Lateinamerika. Chinas Investitionen fließen in mehr als 160 Länder und Regionen, wobei die Investitionssumme des Landes ins Ausland 2006 weltweit auf Platz 13 rangierte und im Jahr 2005 auf Platz 17.
In den kommenden Jahren will die chinesische Regierung die Gesetze und das Verwaltungssystem für Investitionen ins Ausland vervollkommnen. Investitionen ins Ausland soll zudem erleichtert werden. Bis 2015 soll das chinesische BIP vier Billionen US-Dollar erreichen, das Pro-Kopf-BIP soll über 3000 US-Dollar betragen. Bis dahin kann sich China zu einem großen Investor entwickeln und es können sich einige international sehr konkurrenzfähige chinesische Unternehmen ergeben, wovon die chinesische Wirtschaft sicher profitieren wird. Andere Länder können ebenfalls mehr Chancen bekommen. Außerdem werden die regionale wirtschaftliche Integration und die gemeinsame Entwicklung gefördert.